Besoldung der Berliner Richter verfassungswidrig

Verfassungsgemäße Besoldung und kein Ende: Vorlage des VG Berlin zu den Besoldungsjahren 2016 und 2017 (zunächst: der Richter und Staatsanwälte)

Die Besoldung der Berliner Richter und Staatsanwälte in den Besoldungsgruppen R 1 und R 2 war in den Jahren 2016 und 2017 – wie bereits zuvor in den Jahren 2009 bis 2015 – in verfassungswidriger Weise zu niedrig. Da hat das Verwaltungsgericht  Berlin in mehreren Verfahren bei der 26. Kammer erkannt und mehrere Vorlagebeschlüsse zum Bundesverfassungsgericht gefasst. Für die Jahre 2018 bis 2021 hält das Gericht eine verfassungswidrige Unteralimentation nicht für gegeben.

Zuvor hatte das BVerfG in den Verfahren dreier Richter des Landes Berlin erkannt, dass die Besoldung in den Jahren 2009 bis 2015 zu niedrig war, und es hat diesbezüglich Maßstäbe dafür entwickelt, wann der Besoldungsgesetzgeber seinen weiten Entscheidungsspielraum hinsichtlich der konkreten Besoldungshöhe überschreitet und die Besoldung dann evident unzureichend ist.

Die 26. Kammer des Verwaltungsgerichts ist nun bei Anwendung dieser Grundsätze und umfangreicher Recherche zu den maßgeblichen Paramtetern zu der Überzeugung gelangt, dass die Richterbesoldung in den Jahren 2016 und 2017 den verfassungsrechtlichen Mindestvorgaben nicht genügt. Vier der fünf vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Parameter seien erfüllt: Die Besoldung habe sich deutlich schlechter entwickelt, als die Tarifentlohnung im öffentlichen Dienst, als der Nominallohnindex und als der Verbraucherpreisindex , zudem wahre die unterste Besoldungsgruppe A 4 bei weitem nicht den gebotenen Mindestabstand zum Grundsicherungsniveau. Die verfassungswidrige Unteralimentation könne auch nicht durch eine angespannte Finanzlage gerechtfertigt werden, weil keine umfassende Haushaltskonsolidierung vorgenommen, sondern einseitig zulasten von Richtern und Staatsanwälten gespart worden sei.

Für die Besoldungsjahre 2018 bis 2021 hält das Verwaltungsgericht Berlin die Richterbesoldung dagegen nicht für verfassungswidrig. Zwar werde weiterhin der Mindestabstand der untersten Besoldungsgruppe zum Grundsicherungsniveau deutlich unterschritten, allerdings lasse eine Gesamtabwägung aller alimentationsrelevanten Kriterien die Besoldung nicht als evident zu niedrig erscheinen.

Da bei bestehendem Gesetzerecht nur das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungswidrigkeit der gesetzlich geregelten Berliner R-Besoldung feststellen kann (sog. Verwerfungskompetenz) , hat das Gericht die Frage der verfassungsgemäßen Besoldung für die Jahre 2016 und 2017 dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt.

Alles dies betrifft zunächst aber (zunächst) nur die Besoldung der Richter und Staatsanwälte.

Bezogen auf die Beamten des Landes Berlin  hatten  wir zeitgleich mit den damaligen „Pilotverfahren“ der Richterbesoldung geklagt und es hatte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Fragen der verfassungsmäßigen Besoldung  der Beamten für die Jahre 2009 bis 2015 zur gleichen Zeit dem Bundesverfassugsgericht vorgelegt, wie die Frage der Richterbesoldung. Dazu hat das BVerfg aber bis heute noch nicht entschieden.

Beim Verwaltungsgericht Berlin sind aber weiterhin zahlreiche Klageverfahren bzgl. der amtsangemessenen Alimentation der Beamten anhängig, sowohl bzgl. der Besoldung für die Jahre bis 2015, als auch für den nachfolgenden Zeitraum.

Das Verewaltungsgericht Berlin hat insoweit mitgeteilt, dass mündliche Verhandlungen zu ausgewählten Verfahren auch der Besoldung der Beamten ab dem Jahr 2016 sind in Vorbereitung sind.

Die Vorlagebeschlüsse der 26. Kammer vom 16. Juni 2023 haben die Aktenzeichen VG 26 K 245/23, VG 26 K 246/23 und VG 26 K 247/23 abweisende Urteile VG 26 K 128/23, VG 26 K 129/23 und VG 26 K 157/23)

Vorgeschichte:

Die erste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts liegt (seit Jahren) vor. Danach war die Besoldung der Berliner Richter/innen und Staatsanwälte/innen in den Jahren 2009 bis 2015 verfassungswidrig zu niedrig bemessen (BVerfG, Beschluss vom 04.05.2020, 2 BvL 4/18).

Das BVerfG hatte dem Berliner Besoldungsgesetzgeber aufgegeben, binnen (Jahres-) Frist ein „Reparaturgesetz“ zu erlassen. Auch dieses liegt zwischenzeitlich vor, regelt aber nur Besoldungsnachzahlungen bezogen auf den o. g. Zeitraum (2009 bis 2015) und ausschließlich für Richter/innen und Staatsanwälte/innen.

Dementsprechend sind sowohl die nachfolgenden Besoldungsjahre ab dem Jahr 2016 noch nicht gesetzlich geregelt, als auch die Besoldung der Berliner Beamten (insgesamt).

Auch bezogen auf die Berliner Beamten hatte das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 2016 zeitgleich eine Reihe von Richtervorlagen an das Bundesverfassungsgericht gerichtet. Über diese Vorlagen ist bis heute noch nicht entschieden.

Auch bei den Beamten wird demnach voraussichtlich ein ähnlicher Beschuss des BVerfG wie bei den Richtern und Staatsanwälten kommen, und nachfolgend auch dort ein Reparaturgesetz.

So erfreulich diese Entwicklung ist: ein Ende der Auseinandersetzung ist nicht in Sicht, und dies vermutlich noch über viele Jahre. Denn dass das Bundesverwaltungsgericht nur die Besoldungsjahre bis einschl. 2015 vorgelegt hat, war ersichtlich dem Umstand geschuldet, dass die dortige Vorlage im Jahr 2016 erfolgt ist und sich nur auf bis dahin abgeschlossene Besoldungsjahre beziehen konnte.

 Foto: Fotalia