Maßnahmebemessung

Bemessung disziplinarer Maßnahmen

Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß § 13 DiszG / § 13 BDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung.

Den Bedeutungsgehalt dieser gesetzlichen Begriffe hat das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 20. Oktober 2005 näher bestimmt (BVerwGE 124, 252). Danach ist maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG die Schwere des Dienstvergehens. Sie beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens.

Das weitere Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht. Einen Aspekt des Persönlichkeitsbildes stellt auch tätige Reue dar, wie sie durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils noch vor der drohenden Entdeckung zum Ausdruck kommt.

Das Bemessungskriterium „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ gemäß § 13 Abs. 1 Satz 4 BDG schließlich erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

Maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens: Das festgestellte Dienstvergehen ist nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 DiszG / BDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen. Dabei können die vom Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen von Bedeutung sein, z.B.

zum innerdienstlichen Betrug: Urteil vom 4. Mai 2006 – BVerwG 1 D 13.05

zum Fernbleiben vom Dienst Urteil vom 12. Oktober 2006 – BVerwG 1 D 2.05

zur Vorteilsannahme Urteil vom 23. November 2006 – BVerwG 1 D 1.06 

Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist.

In anderen Fällen lässt sich das Dienstvergehen nicht einer Regelmassnahme als Ausgangspunkt zuordnen, wie vorstehend die genannten innerdienstlichen Dienstvergehen. So scheidet etwa für das außerdienstlich begangene Dienstvergehen des Besitzes von kinderpornografischen Schriften eine Regeleinstufung aus (BVerwG, Urt. v. 19.08.2010, 2 C 13/10).

Bei Polizeibeamten hat der außerdienstliche (d.h. private) Besitz von kinderpornographischen Bild- oder Videodateien aber wegen ihres Amtes und des in sie gesetzten Vertrauens stets den für eine disziplinarische Ahndung erforderlichen Amtsbezug. Der Orientierungsrahmen für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist in solchen Fällen bis zur Höchstmaßnahme eröffnet, kann also zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen (z.B. BVerwG v. 18.06.2015, 2 C 9.14)

Die Maßnahmebemessung bei außerdienstlichem Dienstvergehen, welches zugleich eine Straftat erfüllt, richtet sich grds. nach dem Strafrahmen:

Strafrahmen bis zu einem Jahr und kein Dienstbezug: unterer Bereich

Strafrahmen zwischen 1 bis 2 Jahren: Zurückstufung.

Kommt ein Dienstbezug dazu, dann ist schon bei bei einem Strafrahmen bis zu einem Jahr die Zurückstufung der Orientierungsmaßstab, bei bis zu zwei Jahren sogar die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

Allerdings: Es ist immer auf den Einzelfall abzustellen. Sonst wäre etwa bei einer Körperverletzung im Amt (Strafrahmen § 340 StGB: 3 Monate bis zu 5 Jahre) immer die Höchstmaßnahme die Folge.

Auch sonst kommt es immer auf den Einzelfall an: die ungenehmigte Ausübung einer Nebentätigkeit kann etwa eine Geldbuße nach sich ziehen (VG Berlin, Beschl. v. 28. August 2003,  VG 80 A 11.02),  eine Kürzung der Dienstbezüge in Höhe von 10 v. H. für vier Jahre (Gerichtsbescheid v. 14.11.2003, VG 80 A 37.01) aber auch eine Zurückstufung um eine Stufe (Urteil v. 11.12.2013, VG 80 K 11.12), bei einer mehr als 5 jährigen gewerbsmäßigen ungenehmigten Nebentätigkeit.