Verfassungsgemäße Besoldung und kein Ende: Vorlage des VG Berlin zu den Besoldungsjahren 2016 und 2017 (zunächst: der Richter und Staatsanwälte)

Die Besoldung der Berliner Richter und Staatsanwälte in den Besoldungsgruppen R 1 und R 2 war in den Jahren 2016 und 2017 – wie bereits zuvor in den Jahren 2009 bis 2015 – in verfassungswidriger Weise zu niedrig. Da hat das Verwaltungsgericht  Berlin in mehreren Verfahren bei der 26. Kammer erkannt und mehrere Vorlagebeschlüsse zum Bundesverfassungsgericht gefasst. Für die Jahre 2018 bis 2021 hält das Gericht eine verfassungswidrige Unteralimentation nicht für gegeben.

Zuvor hatte das BVerfG in den Verfahren dreier Richter des Landes Berlin erkannt, dass die Besoldung in den Jahren 2009 bis 2015 zu niedrig war, und es hat diesbezüglich Maßstäbe dafür entwickelt, wann der Besoldungsgesetzgeber seinen weiten Entscheidungsspielraum hinsichtlich der konkreten Besoldungshöhe überschreitet und die Besoldung dann evident unzureichend ist.

Die 26. Kammer des Verwaltungsgerichts ist nun bei Anwendung dieser Grundsätze und umfangreicher Recherche zu den maßgeblichen Paramtetern zu der Überzeugung gelangt, dass die Richterbesoldung in den Jahren 2016 und 2017 den verfassungsrechtlichen Mindestvorgaben nicht genügt. Vier der fünf vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Parameter seien erfüllt: Die Besoldung habe sich deutlich schlechter entwickelt, als die Tarifentlohnung im öffentlichen Dienst, als der Nominallohnindex und als der Verbraucherpreisindex , zudem wahre die unterste Besoldungsgruppe A 4 bei weitem nicht den gebotenen Mindestabstand zum Grundsicherungsniveau. Die verfassungswidrige Unteralimentation könne auch nicht durch eine angespannte Finanzlage gerechtfertigt werden, weil keine umfassende Haushaltskonsolidierung vorgenommen, sondern einseitig zulasten von Richtern und Staatsanwälten gespart worden sei.

Für die Besoldungsjahre 2018 bis 2021 hält das Verwaltungsgericht Berlin die Richterbesoldung dagegen nicht für verfassungswidrig. Zwar werde weiterhin der Mindestabstand der untersten Besoldungsgruppe zum Grundsicherungsniveau deutlich unterschritten, allerdings lasse eine Gesamtabwägung aller alimentationsrelevanten Kriterien die Besoldung nicht als evident zu niedrig erscheinen.

Da bei bestehendem Gesetzerecht nur das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungswidrigkeit der gesetzlich geregelten Berliner R-Besoldung feststellen kann (sog. Verwerfungskompetenz) , hat das Gericht die Frage der verfassungsgemäßen Besoldung für die Jahre 2016 und 2017 dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt.

Alles dies betrifft zunächst aber (zunächst) nur die Besoldung der Richter und Staatsanwälte.

Bezogen auf die Beamten des Landes Berlin  hatten  wir zeitgleich mit den damaligen „Pilotverfahren“ der Richterbesoldung geklagt und es hatte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Fragen der verfassungsmäßigen Besoldung  der Beamten für die Jahre 2009 bis 2015 zur gleichen Zeit dem Bundesverfassugsgericht vorgelegt, wie die Frage der Richterbesoldung. Dazu hat das BVerfg aber bis heute noch nicht entschieden.

Beim Verwaltungsgericht Berlin sind aber weiterhin zahlreiche Klageverfahren bzgl. der amtsangemessenen Alimentation der Beamten anhängig, sowohl bzgl. der Besoldung für die Jahre bis 2015, als auch für den nachfolgenden Zeitraum.

Das Verewaltungsgericht Berlin hat insoweit mitgeteilt, dass mündliche Verhandlungen zu ausgewählten Verfahren auch der Besoldung der Beamten ab dem Jahr 2016 sind in Vorbereitung sind.

Die Vorlagebeschlüsse der 26. Kammer vom 16. Juni 2023 haben die Aktenzeichen VG 26 K 245/23, VG 26 K 246/23 und VG 26 K 247/23 abweisende Urteile VG 26 K 128/23, VG 26 K 129/23 und VG 26 K 157/23)

Neue Rechtsprechung des BVerwG zur Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung: Rückfall in das „Besondere Gewaltverhältnis“ ?

Beschluss des BVerwG vom 14.3.2019 – BVerwG 2 VR 5.18

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seinem Beschluss vom 14.3.2019 seine bisherige Rechtsprechung zu der Möglichkeit, gegen eine rechtswidrige Anordnung amtsärztlicher Untersuchung vorzugehen, weitgehend revidiert. Nunmehr soll die Untersuchungsanordnung selbst nicht mehr „isoliert“ angreifbar sein, sondern nur noch im Rahmen eines Eil- oder Klageverfahrens gegen die nachfolgende Zurruhesetzungsverfügung (inzident) gerichtlich überprüft werden können. Weiter hat das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass auch eine auf bloßen Fehlzeiten beruhende Untersuchungsanordnung für mehrereTermine erfolgen kann und sich auch auf eine psychiatrischeUntersuchung erstrecken darf. Insbesondere darf sie beinhalten, dass der Beamte sich einer von dem beauftragten „Arzt für erforderlich gehaltenen“ Zusatzbegutachtung zu unterziehen hat.

Im Ergebnis bedeutet das: Der Dienstherr darf es dem Arzt- oder Amtsarzt überlassen, ob es nach einer orientierneden Erstuntersuchung zu einer grundrechtseingreifenden psychitatrischen Fachuntersuchung kommt. Und: Eine rechtliche Überprüfung dieses Grundrechtseingriffs findet nicht mehr statt. Wenn der Beamte das nicht will, kann er sich weigern. Damit begeht er zwar einen Weisungsverstoß und damit eine Dienstpflichtverletzung, eine Disziplinarmaßnahme würde aber nach der Praxis nicht „ernsthaft“ drohen.

Die neue Rechtsprechung überrascht, sie zerschlägt weitestgehend die vom Bundesverwaltungsgericht selbst und von der Rechtsprechung der Instanzgerichte weiter entwickelte vorherige Rechtsprechung zum Schutz des Persönlichkeitsrechts der Beamten.

Das Bundeserwaltungsgericht hält zwar an seiner Einordnung der Untersuchungsanordnung als „gemischt dienstlich – persönliche Weisung“ fest, die mangels unmittelbarer Auswirkung kein Verwaltungsakt sondern ein Realakt sei. Die Aufforderung zur Untersuchung sei aber lediglich ein erster Schritt in einem gestuften Verfahren, dass bei Feststellung der Dienstunfähigkeit mit der Zurruhesetzung ende. Dass diese verfahrensabschließende Entscheidung nicht durch Zeit und Verwaltungsaufwand beanspruchende gerichtliche Auseinandersetzungen über den vorgelagerten Verfahrensabschnitt verzögert werde, sei Sinn und Zweck des § 44a VwGO. Weder gebiete Art. 19 Abs. 4 GG eine anderweitige Auslegung, noch sei die Verweisung des Beamten auf die Möglichkeit des Rechtsschutzes (erst) gegen eine etwaige Zurruhesetzungsverfügung selbst unzumutbar. Auch der Aspekt einer möglichen disziplinarrechtlichen Sanktion erfordere keinen isolierten Rechtsschutz gegen die Untersuchungsanordnung (wird ausgeführt).

Schließlich fordere auch der Aspekt der Grundrechtsrelevanz der ärztlichen Untersuchung keinen isolierten Rechtsschutz. Wenn der Beamte sich der angeordneten Untersuchung nicht unterziehe, drohten ihm keine unzumutbaren Nachteile. Es sei deshalb auch ohne Bedeutung, dass im Falle der Beamte sich der geforderten Untersuchung unterzieht ein hierin liegender Grundrechtseingriff nicht mehr rückgängig zu machen sei, sondern das Untersuchungsergebnis auch unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Untersuchungsaufforderung verwertbar sei.

Bestätigt werde diese Wertung durch die Rechtsprechung zur Anordnung einer ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Untersuchung im Fahrerlaubnisrecht. Dort sei anerkannt und vom Bundesverfassungsgericht gebilligt, dass die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens zur Klärung der Fahreignung nicht isoliert angegriffen werden könne.

Selbst eine auf bloßen Fehlzeiten beruhende Untersuchungsanordnung und selbst eine psychiatrische Untersuchungsanordnung als besonders intensiver Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Beamten bedürfe keiner Beschränkung. Auch begegne es keinen Bedenken im Sinne einer unzulässigen (Vorab-)Delegation von allein dem Dienstherrn zustehenden hoheitlichen Befugnissen, wenn der Dienstherr seine Untersuchungsanordnung hinsichtlich ihres Umfanges sogleich darauf erstrecke, dass der Beamte sich nach einer vom untersuchenden (Amts-)Arzt ggf. für erforderlich erachteten weiteren fachärztlichen Zusatzbegutachtung zu unterziehen habe. Dies gelte sogar für eine fachpsychiatrische Untersuchung; es gebe keinen Grund, insoweit weitergehende rechtliche Anforderungen anzunehmen.

Kritik: Diese neue Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erscheint vor dem Hintergrund der früheren Rechtsprechung und der von den Instanzgerichten zu Recht entwickelten Nomenklatur und insbesondere bezogen auf den mit der Anordnung fachpsychiatrischer Untersuchung verbundenen Grundrechtseingriff schlechterdings nicht nachvollziehbar. Das Bundesverwaltungsgericht negiert – ohne das tatsächlich auszusprechen – dass es bei der Frage der Anordnung der Untersuchung und des damit verbundenen Grundrechtseingriffs gerade nicht um das spätere Ergebnis und die Frage einer möglichen Zurruhesetzung geht, sondern um einen schlichten Eingriff in die Grundrechte des Beamten. Die bloße Tatsache, dass die Anordnung Teil eines Zurruhesetzungsverfahrens ist, relativiert ihren eingreifenden Charakter nicht. Der Beamte muss sich auf Anordnung seines Dienstherrn nunmehr ohne Rechschutzmöglichkeit (auch) einer psychiatrischen Untersuchung unterziehen, und damit verbunden anamnestische Fragen nicht nur nach eigenen Erkrankungen, sondern auch solchen in der Familie beantworten, sowie einer regelmäßig umfangreichen Sozialanamnese unterziehen, welche etwa auch Suchtverhalten oder Fragen nach dem Sexualleben einschließt. Eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines derart weitgehenden Grundrechtseingriffs wird dem Aspekt der Verfahrensökonomie geopfert. Deutlich ausgesprochener Grund der Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist es, das Zurruhesetzungsverfahren nicht (mehr) durch einstweilige Anordnungen gegen eine amtsärztliche Untersuchungsanordnung „bremsen“ zu lassen. Dabei setzt sich das Bundesverwaltungsgericht nicht nur über seine frühere Dogmatik hinweg, sondern etwa auch über den Aspekt einer disziplinaren Verfolgung, der schlicht bagatellisiert wird. Angeblich sei eine Praxis diesbezüglicher Verfahren kaum bekannt. Solchermaßen wird dem Beamten also zugemutet, sich entweder einem rechtswidrigen Grundrechtseingriff zu beugen oder einen klar disziplinarrelevanten Weisungsverstoß zu begehen.

Bei allem Respekt: Diese Rspr. liest sich wie ein Rückfall in die Dogmatik des sog. „besonderen Gewaltverhältnisses“, einer rechtsdogmatisch längst überkommenen Lehre aus den Anfängen des Verwaltungsrechts, welche in bestimmten institutionellen Konstellationen (Beamte, Soldaten, Schüler, Strafgefangene) die Geltung der Grundrechte relativierte. Und auch der Hinweis auf das Fahrerlaubnisrecht überzeugt mitnichten: Dort geht von einem gegebenenfalls nicht fahrtauglichen Verkehrsteilnehmer eine Gefahr für Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer aus, eine Ausgangssituation, welche dem beamtenrechtlichen Zurruhesetzungsverfahren nicht vergleichbar ist.

Als Fazit also:  Der Grundrechtsschutz des beamten an dieser Stelle kann durch Weigerung realisiert werden, die Frage der Rechtmäßigkeit solcher Anordnungen sei in der Rspr.  geklärt, ein Restrisiko vom Beamten hinzunehmen, schließlich könne er Rechtsrat insbesondere eines Rechtsanwaltes in Anspruch nehmen.

Für diesen Hinweis danken wir.

Erstaunlich ist, mit welcher Radikalität sich das Bundesverwaltungsgericht mit diesem Beschluss von seiner eigenen Rechtsprechung lossagt und in Widerspruch zu der Judikatur zahlreicher Verwaltung- und Oberverwaltungsgerichte setzt, allein um einen das Zurruhesetzungsverfahren verzögernden Zeit- und Verwaltungsaufwand zu vermeiden. Dabei war die Rechtspraxis auf der Grundlage dieser Rechtsprechung auf einem guten Weg, Behörden sind durchaus lernfähig und haben Verfahrensweisen entwickelt, wie den Grundrechten der Beamten genüge getan werden kann, ohne dass es zu einer unangemessenen Verzögerung der Zurruhesetzung kommen muss.

Eingruppierung der Mitarbeiter des ZOS,  neue Entscheidung des BAG:

Das Bundesarbeitsgericht hat nach jahrelangen Rechtsstreiten in zahlreichen Musterklageverfahren, welche vom Arbeitsgericht Berlin und vom LAG Berlin-Brandenburg überwiegend zum Nachteil der Kläger entschieden worden waren, nun in einem der Musterverfahren zu Gunsten des dortigen Klägers entschieden und die Erforderlichkeit der „gründlichen Fachkenntnisse“ im Sinne der Tarifvorschrift anerkannt, sodass sich Vergütung dem Grunde nach die Entgeltgruppe gemäß der EG 5 richtet, bzw. bei Überleitung in den TV-L zum damaligen Stichtag 01.11.2010 nach 9-jähriger (bzw. hälftiger) Bewährungszeit nach der EG 6 Urteil v. 30.11.2022, 4 AZR 195/22).

Zuvor hatten wir in einer Vielzahl von Verfahren zurückweisende Urteile des Arbeitsgerichts und des LAG Berlin-Brandenburg erhalten, gegen die die Revision zum Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen worden war, sodass diese Urteile in Rechtskraft erwachsen sind und die Verfahren jeweils abgeschlossen sind. Mit dem Urteil des BAG ist nun eine grundlegende Rechtsprechungsänderung eingetreten und es ist davon auszugehen, dass das Land Berlin als Arbeitgeber dies auch umsetzen wird.

Rückwirkende Ansprüche bestehen aber nur bei denjenigen Tarifbeschäftigten die in entsprechenden Klageverfahren ihre Ansprüche geltend gemacht haben und bei denen die Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sind.

Soweit demnach ein Klageverfahren nicht mehr offen ist, sollten Ansprüche erneut schriftlich geltend gemacht werden. Nach dem TV-L besteht eine 6-monatige Frist für die Geltendmachung von Ansprüchen. Mit der schriftlichen Geltendmachung werden also Ansprüche rückwirkend für 6 Monate gesichert. Demnach sollten auch diejenigen, die bisher (z.B. aus Kostengründen) keine Eingruppierungsklage erhoben haben oder bei denen der Rechtsweg leider ohne Erfolg voll ausgeschöpft wurde, ihre Ansprüche auf korrekte Eingruppierung und Zahlung der Differenzvergütung (vorsorglich erneut) nach § 37 TV-L beim Arbeitgeber schriftlich geltend machen.

Ansonsten bleibt die Umsetzung des Urteils durch die Berliner Polizei abzuwarten, das soll dem Vernehmen nach in Arbeit sein. Wegen der Vielzahl der Verfahren kann das aber noch länger dauern.

Weiter ist zu beachten:

Der Kläger des jetzt entschiedenen Falles war bereits seit 1999 beim ZOS und also langjährig bei Geltung des alten BAT tätig. Dieser frühere Tarifvertrag kannte noch den sog. „Bewährungsaufstieg“ . Diesen hat das BAG bei ihm zugrunde gelegt (BAT VII nach VI b, neunjährige Bewährungsfrist, diese muss zum Stichtag mindestens zur Hälfte abgelaufen sein). Das Urteil des BAG führte in dem entschieden Fall dazu, dass der Kläger in die EG 6 TV-L überzuleiten ist.

Bei den Mitarbeitern des ZOS, die nicht so lange unter der Geltung des BAT beschäftigt waren, dass zum Zeitpunkt der Überleitung in den TV-L bereits der Bewährungsaufstieg erfüllt war, wird daher „nur“ eine Eingruppierung nach EG 5 zum Tragen kommen, auch das aber ist ein deutlicher Erfolg.

Diejenigen Mitarbeiter des ZOS, deren Eingruppierungsklagen beim Arbeitsgericht Berlin eingereicht sind und nach Verjährungsverzicht der Gegenseite noch ruhen, müssen derzeit nichts unternehmen. Wir werden hier die Aufnahme der Verfahren beantragen, wenn nicht zeitnah eine Umsetzung der neuen Rspr. durch die Polizei erfolgt.

Berliner Datenschutzgesetz geändert

Im Zuge der Umsetzung der europäischen Datenschutz – Richtlinie ist auch das Berliner Datenschutzgesetz geändert worden. Eine für unsere Praxis wichtige Änderung betrifft die Strafbarkeit von Datenschutzverstößen:

Die bisherige Vorschrift des § 32 Abs. 1 BlnDSG, welche das Übermitteln oder Verändern oder das Abrufen oder das sich Verschaffen aus in Behältnissen verschlossenen Dateien  unter Strafe gestellt hat,  ist nicht mehr existen bzw.  als Ordnungswidrigkeitentatbestand ausgestaltet. Insoweit bestimmt jetzt § 29 BlnDSG (n.F.), in der seit dem 24. Juni 2018 in Kraft getretenen Fassung folgende Regelung:

§ 29 Ordnungswidrigkeiten, Strafvorschriften

(1) Ordnungswidrig handelt, wer entgegen den Vorschriften der Verordnung (EU) 2016/679, dieses Gesetzes sowie anderer Vorschriften über den Datenschutz personenbezogene Daten, die nicht offenkundig sind, unbefugt verarbeitet. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 50 000 Euro geahndet werden.

(2) Wer die in Absatz 1 bezeichneten Handlungen gegen Entgelt oder in der Absicht begeht, sich oder eine andere Person zu bereichern oder zu schädigen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe bestraft.

(3) Die Tat nach Absatz 2 wird nur auf Antrag verfolgt. Antragsberechtigt ist die betroffene Person, der Verantwortliche und die oder der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit.

(4) Eine Meldung nach Artikel 33 der Verordnung (EU) 2016/679 oder eine Benachrichtigung nach Artikel 34 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 darf in einem Straf- oder Bußgeldverfahren gegen die meldepflichtige oder benachrichtigende Person oder deren in § 52 Absatz 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung der meldepflichtigen oder benachrichtigenden Person verwendet werden.

Praktisch bedeutet das z.B., dass ein unberechtigtes Abfragen etwa aus der Polizeidatenbank POLIKS keine Straftat mehr darstellt, sondern nur noch eine OWi. Wie das in der Praxis gehandhabt wird, insbesondere in welcher Höhe Bußgelder verhängt werden, bleibt abzuwarten.

Bundesverfassungsgericht: Urteil zu verfassungswidriger Richter-Besoldung in Sachsen-Anhalt; Auswirkungen auf die Beamtenbesoldung in Berlin

Mit Urteil vom 5. Mai 2015 – 2 BvL 17/09 u. a. –  hat das Bundesverfassungsgericht die Grundgehaltssätze der Besoldungsgruppe R 1 in Sachsen-Anhalt in den Jahren 2008 bis 2010 als mit Art. 33 Abs. 5 GG unvereinbar erklärt und dabei die Kriterien konkretisiert, nach denen die Besoldung von Richtern und Staatsanwälten auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation zu überprüfen ist. Eine Zusammenfassung der Urteilsbegründung geben wir hier.

Das BVerfG prüft die Besoldung in drei Stufen und zieht auf der ersten Prüfungsstufe fünf Parameter mit indizieller Bedeutung heran; wenn mindestens drei davon erfüllt sind, besteht  die Vermutung für eine verfassungswidrige Unteralimentation. Auf einer zweiten Prüfungsstufe kann diese Vermutung durch Berücksichtigung weiterer Kriterien im Rahmen einer Gesamtabwägung widerlegt oder weiter erhärtet werden. Und auf einer dritten Prüfungsstufe ist gegebenenfalls eine Abwägung mit kollidierenden verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen wie dem Verbot der Neuverschuldung herbeizuführen; im Ausnahmefall kann eine Unteralimentation verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden.

Wendet man das auf die Berliner Besoldung an, dann sind im Land Berlin vier von fünf Indizien erfüllt:

–   eine deutliche Differenz zwischen der Besoldungsentwicklung und den Tarifergebnissen der Angestellten im Land Berlin von mehr als 5 % des Indexwertes bezogen auf die letzten 15 Jahre

 –   eine deutliche Abweichung der Besoldungsentwicklung von der Entwicklung des Nominallohnindex im Land Berlin von mehr als 5 % bezogen auf die letzten 15 Jahre

  –   eine deutliche Abweichung der Besoldungsentwicklung von der Entwicklung des Verbraucherpreisindex im Land Berlin von mehr als 5 % bezogen auf die letzten 15 Jahre

 –   eine deutliche Verringerung der Abstände der Bruttogehälter in den einzelnen Besoldungsgruppen

–   eine deutliche Gehaltsdifferenz im Vergleich zum Durchschnitt der Bezüge der jeweiligen Besoldungsgruppe im Bund und in den anderen Ländern von mehr als 10 %

Danach besteht für Berlin die Vermutung der verfassungswidrigen Unteralimentation. Auch eine Abwägung der Interessen des Landes Berlin führt insbesondere wegen der Auszehrung der allgemeinen Gehaltsbestandteile unter anderem durch massive Einschnitte bei der Beihilfegewährung nicht zu einer Amtsangemessenheit. Allein die Finanzlage und das Ziel der Haushaltskonsolidierung des Landes Berlin vermögen den  Grundsatz der amtsangemessenen Alimentierung nicht einzuschränken.

Das Urteil dürfte sich auch auf im Land Berlin bereits anhängige Gerichtsverfahren auswirken. Wir hatten bereits im Jahr 2011 eine Reihe von Klagen wegen zu niedriger Alimentation der Berliner Beamten erhoben. Drei dieser Klagen hatte das VG Berlin im Jahr 2012 abgewiesen, dabei aber die Berufung zum OVG Berlin-Brandenburg zugelassen (näheres hier).

Das OVG Berlin-Brandenburg hat in zweiter Instanz über diese Verfahren noch nicht entschieden, es wird bei seiner Entscheidung nun aber die Urteilsgründe des Bundesverfassungsgerichts für die Berliner Verhältnisse mit einbeziehen. In unseren Klageverfahren hatten wir dort u.a. auch auf das von der GEW Berlin in Auftrag gegebene umfängliche Rechtsgutachten von Prof. Battis hingewiesen, der im Ergebnis erhebliche Zweifel an der Amtsangemessenheit der Beamten- und Richterbesoldung im Land Berlin sieht.

Vor diesem Hintergrund empfehlen wir den Berliner Beamten, gegen ihre aktuelle Besoldung unter Hinweis auf die Urteile des BVerfG jeweils Widerspruch einzulegen und eine amtsangemessene, verfassungsgemäße Besoldung einzufordern.

Urteile des BVerwG zur altersdiskriminerenden Besoldung

Das Bundesverwaltungsgericht (Link zum Urteil) hat entschieden. Wegen der diskriminierenden Besoldung nach den alten Besoldungssystemen in den Ländern und beim Bund kann ein Anspruch auf Entschädigung bestehen. Aber: alleinige Rechtsgrundlage ist das AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz bzw. SoldGG bei den Soldaten), welches im deutschen Recht Diskriminierungen sanktioniert. Dieses bestimmt eine Ausschlussfrist von 2 Monaten für die schriftliche Geltendmachung eines Anspruchs auf Entschädigung.

Die von uns in Leipzig vertretenen Soldaten bekommen daher keine Entschädigung. Sie hatten Ansprüche erst Ende 2011 bzw. Anfang 2012 geltend gemacht. Das alte Besoldungsrecht des Bundes war aber schon 2009 durch das neue Erfahrungsstufensystem ersetzt worden.

Einen Entschädigungsanspruch in Anwendung der europäischen Rechtsprechung sieht das BVerwG nicht und verweist insoweit auf das Urteil des EuGH (s. unten). Damit kann weder eine Besoldung nach der höchsten Altersstufe durchgesetzt werden, noch ein sog. unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch, sondern eben nur ein Entschädigungsanspruch nach dem AGG, den das BVerwG offenbar mit 100 EUR monatlich pauschaliert. Dieser Anspruch besteht aber nur während der Geltung der alten Besoldungsgesetze, die noch Altersstufen für die Besoldung vorsahen und endet mit der Einführung der jeweils neuen Besoldungsgesetze, die Erfahrungsstufen zugrunde legen.

Problematisch für die zahlreichen weiteren Klägerinnen und Kläger vor den Verwaltungsgerichten  ist aber vor allem die im Gesetz bestimmte Frist für die schriftliche Geltendmachung eines solchen Anspruches von 2 Monaten.  Den Beginn dieser Frist sieht das BVerwG mit dem Zeitpunkt, zu dem die berechtigte Person von der Benachteiligung Kenntnis erlangt hat. Bei unsicherer und unklarer Rechtslage sei das mit der objektiven Klärung durch ein höchstrichterliches Urteil der Fall, das sei hier die Entscheidung Hennigs des EuGH, und zwar der Zeitpunkt der Verkündung des Urteils.

Damit wäre bei fast allen betroffenen Beamten die Geltendmachungsfrist verstrichen, denn kaum einer hatte bei Ergehen des EuGH-Urteils die weitreichenden Folgen für die Besoldung und eine Anwendbartkeit des AGG/SoldGG im Blick, die erst durch das BVerwG als (einzige) Rechtsgrundlage erkannt worden ist.

Unserer Auffassung nach verstößt das Urteil des BVerwG aber hinsichtlich der Fristbestimmung  gegen  das GG, weshalb wir in mehreren Fällen Verfassungsbeschwerden erhoben haben (2 BvR 756/15, 2 BvR 757/15 und 2 BvR 758/15. Näheres dazu finden Sie hier.

Wir werden über diese Verfahren auf dieser Seite weiter berichten.

Dienstzeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres ruhegehaltsfähig

Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport hat in einem Rechtsstreit das Landesverwaltungsamt angewiesen, bei dem betroffenen Beamten Dienstzeiten im Beamtenverhältnis vor Vollendung des 17. Lebensjahres entgegen der noch bestehenden gesetzlichen Regelung in § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Landesbeamtenversorgungsgesetz (LBeamtVG) als ruhegehaltfähig anzuerkennen. Damit zieht das Land Berlin die Konsequenz aus einem als richtig erkannten Urteil des Verwaltungsgericht Bremen vom 17. Februar 2014 – 2 K1907/10. Hintergrund ist, dass die geltende Regelung als altersdiskriminierend anzusehen ist.

Streikrecht der Beamten ?

Mit mehreren Klagen bei der Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts Berlin hatten wir uns gegen Disziplinarverfügungen gewendet, die die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft gegen Lehrer verhängt hatte, die wegen der Teilnahme an Streik-um Protestmaßnahmen einige Unterrichtsstunden nicht wahrgenommen hatten. Hintergrund waren Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR, Entscheidungen vom 12. November 2008 – Nr. 34503/97 -, Demir und Baykara, und vom 21. April 2009 – Nr. 68959/01 -, Enerji Yapi-Yol Sen). Danach umfasst die europarechtlich in Art. 11 EMRK(Europäische Menschenrechtskonvention) gewährleistete Vereinigungsfreiheit als ein Menschenrecht auch die Befugnis zu Kollektivverhandlungen und zum Streik. Für den öffentlichen Dienst darf dieses Recht nur solchen Einschränkungen unterworfen werden, die mit Art. 11 Abs. 2 EMRK vereinbar sind. Derartige Einschränkungen dürfen bestimmte Beamtenkategorien erfassen, sich aber nicht auf Beamte im Allgemeinen erstrecken. Die gesetzlichen Einschränkungen des Streikrechts müssen so klar und eng wie möglich die Kategorien der betroffenen Beamten festlegen.

Die (mutmaßliche) Europarechtswidrigkeit des nationalen Rechts ändert aber nichts daran, dass dieses Recht (zunächst ) weiterhin gültig ist. Es lässt sich nicht im Wege völkerrechtsfreundlicher Auslegung beamtenrechtlicher Vorschriften an die EMRK anpassen. Vielmehr ist es Aufgabe des verfassungsändernden Gesetzgebers, einen mit Art. 11 EMRK vereinbaren Rechtszustand im deutschen Beamtenrecht herbeizuführen.

Das hat nun das BVerwG mit Urteil vom 27.02.2014 entschieden (2 C 1/13):

1. Das beamtenrechtliche Verbot, an kollektiven Kampfmaßnahmen (Streiks) teilzunehmen, gilt als hergebrachter Grundsatz nach Art. 33 Abs. 5 GG  verfassungsunmittelbar für alle Beamten unabhängig von ihrem Aufgabenbereich.

2. Ein umfassendes Recht auf Tarifverhandlungen und kollektive Kampfmaßnahmen ist mit tragenden Strukturprinzipien der durch Art. 33 Abs. 4 und 5 GG gewährleisteten Institution des Berufsbeamtentums unvereinbar.

3. Art. 11 EMRK in seiner bindenden Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gewährleistet allen Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die nicht in den Streitkräften, der Polizei und der genuinen Hoheitsverwaltung tätig sind, sowie ihren Gewerkschaften ein Recht auf Kollektivverhandlungen und darauf bezogene kollektive Kampfmaßnahmen.

4. Das statusbezogene Verbot nach Art. 33 Abs. 5 GG und die funktionsbezogenen Gewährleistungen nach Art.11 EMRK sind in Bezug auf Beamte, die außerhalb der genuinen Hoheitsverwaltung eingesetzt sind, inhaltlich miteinander unvereinbar. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, diese Kollisionslage aufzulösen und im Wege der praktischen Konkordanz einen Ausgleich herbeizuführen

5. Eine Disziplinarverfügung erledigt sich durch das Ausscheiden des gemaßregelten Beamten aus dem Beamtenverhältnis.

Fazit für unsere Kläger: wir haben zwar Recht, bekommen es aber nicht, weil die einschlägige Vorschrift der EMRK noch nicht in nationales deutsches Recht umgesetzt ist.

Neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei Konkurrenzverfahren

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 20.6.2013 entschieden (2 VR 1/13), dass der bei einer Auswahlentscheidung nach Art. 33 II GG der vorzunehmende Vergleich von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung grundsätzlich nicht (mehr) orientiert am konkreten Dienstposten vorzunehmen ist, sondern an den Anforderungen des Statusamtes. Ausnahmen hiervon sind nur zulässig, wenn die Wahrnehmung der Dienstaufgaben des ausgeschriebenen Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann. Diese Voraussetzungen hat der Dienstherr darzulegen; sie unterliegen voller gerichtlicher Kontrolle. Begründet wird die Abkehr von der bisherigen Rspr. mit dem Laufbahnprinzip und damit, dass von einem geeigneten Bewerber erwartet werden kann, dass er sich in die zukünftigen Aufgaben in angemessener Zeit einarbeiten kann. Außerdem könne die Übertragung des ausgeschriebenen Dienstpostens jederzeit wieder verändert werden.

Das Urteil hat weitreichende Auswirkungen auf beamtenrechtliche Konkurrenzverfahren. Auszuwählen ist nun nicht mehr der für die konkrete dienstliche Aufgabe am besten geeignete Bewerber sondern derjenige, der den allgemeinen Anforderungen des Statusamtes am Besten gerecht wird.

Und: Aus der Stellenausschreibung muss sich ergeben, welche Anforderungen von allen Bewerbern zwingend erwartet werden und welche Kriterien zwar nicht notwendig für eine Einbeziehung in das Auswahlverfahren sind, bei im Wesentlichen gleicher Eignung der Bewerber aber maßgeblich berücksichtigt werden.

Allerdings: Die Orientierung der Auswahlentscheidung am Statusamt gilt nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg nicht für die hiesigen Landesbeamten: Der 7. Senat des OVG hat insoweit wie folgt erkannt: „Diese Auffassung dürfte vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das den von Art. 33 Abs. 2 GG gesteckten Rahmen weiter fasst (…), als Auslegung des einfachen Bundesbeamtenrechts zu verstehen sein (…), auch wenn das Bundesverwaltungsgericht mit seiner Begründung ebenfalls beim Grundgesetzartikel ansetzt dann bliebe es einem Gesetzgeber unbenommen, im grundgesetzlichen Rahmen Konkretisierungen vorzunehmen, wie es etwa der Berliner Gesetzgeber mit § 6 Abs. 3 des Verwaltungsreform-Grundsätze-Gesetz -VGG- gemacht hat, in welchem die Anforderungen des Aufgabengebiets zur Grundlage des Auswahlverfahrens erklärt worden sind.“ (Beschl. v. 14.04.2014, OVG 7 S 19.14).

Mit einem weiteren Beschluss vom 23. Mai 2014 (OVG 7 S 20.14) hat das Oberverwaltungsgericht weitergehend auch Zweifel an der Rspr. des BVerwG anklingen lassen: „Der Senat braucht hier nicht zu entscheiden, ob er sich die neue Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eigen macht“ (weil nur einstweiliger Rechtsschutz, pp.). Und: „Gegen die neue Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind jedoch auch Einwände aus dem Landesgleichstellungsgesetz angebracht worden (von Roetteken, jurisPR-ArbR 1/2014 Anm. 4) über die zu befinden sein wird.“

Keine Begrenzung der Beihilfe für im Basistarif krankenversicherte Beamte

Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem von uns vertretenen Verfahren entschieden, dass eine Begrenzung des Anspruchs auf Gewährung von Beihilfe für diejenigen, die im so genannten Basistarif privat krankenversichert sind, gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz verstößt .

Der Kläger ist beihilfeberechtigter Ruhestandsbeamter des Landes Berlin. Die von ihm bei der Beihilfestelle zur Erstattung beantragten ärztlichen Leistungen wurden überwiegend mit dem 2,3-fachen Gebührensatz der GoÄ abgerechnet. Das Landesveraltungsamt kürzte die beantragten Beträge, indem es einen geringeren Erhöhungssatz als den2,3-fachen in Ansatz brachte. Dabei wendete es eine Regelung der Beihilfeverordnung des Landes Berlin an, die unter Bezugnahme auf eine Regelung des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung vorsieht, dass bei ärztlichen Leistungen nur wesentlich geringere Erhöhungssätze abgerechnet werden können. Das Bundesverwaltungsgericht hat die unserer Klage stattgebende erstinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin bestätigt. Die Begrenzung der Beihilfegewährung auf die Erhöhungssätze, die für Versicherte im Basistarif der privaten Krankenversicherung gelten, verstößt danach gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Beamte und deren berücksichtigungsfähige Angehörige, die in Ermangelung einer Alternative im Basistarif versichert sind, werden dadurch gegenüber den im Regeltarif krankenversicherten Beihilfeberechtigten benachteiligt. Hierfür fehlt es an einem sachlichen Rechtfertigungsgrund.

BVerwG 5 C 16.13 – Urteil vom 17. April 2014, Vorinstanz: VG Berlin 7 K 91.11 – Urteil vom 12. Dezember 2012

Ebenso hat das am selben Tage für Bundesbeamte entschieden: BVerwG 5 C 40.13

Neuere Rspr. des BVerwG zur gesundheitlichen Eignung bei der Einstellung von Beamten (Urteil v. 25.07.2013, 2 C 12.11)

Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem richtungsweisenden Urteil entschieden, das der bisher angelegte Maßstab bei der Frage der gesundheitlichen Eignung für eine Einstellung in das Beamtenverhältnis so nicht mehr anzuwenden ist. Das Urteil betrifft einen an multipler Sklerose erkrankten schwer behinderten Lehrer.

Bisher galt, dass bei der Frage der (Negativ-)Prognose der Eintritt der Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein musste. Diesbezüglich wurde dem Dienstherrn ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum eingeräumt.

Beides – den Maßstab bei der Negativprognose und die Frage eines Beurteilungsspielraumes – hat das BVerwG nun neu entschieden. Der (neue) Maßstab ist jetzt, dass eine vorzeitige Dienstunfähigkeit prognostisch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht eintreten soll. Und einen Beurteilungsspielraum des Dienstherrn soll es an dieser Stelle auch nicht mehr geben. Vielmehr werden deutlich höhere Anforderungen an die gesundheitliche Prognose gestellt, welche in aller Regel durch einen Mediziner auf der Grundlage einer fundierten medizinischen Tatsachenbasis erfolgen soll, wobei die medizinische Diagnose Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, die Untersuchungsmethoden erläutern und ihre Hypothesen sowie deren Grundlage offenlegen soll.

Interessant ist auch die Aussage, dass die negative Eignungsprognose bislang mit Typisierungen und statistischen Wahrscheinlichkeiten begründet werden konnte, die weder einem Gegenbeweis noch einer nachträglichen Korrektur zugänglich sind, was künftig nicht mehr der Fall sein soll. Das wirft die Frage auf, ob entsprechende Regelwerke –z.B. die für den Polizeivollzug geltende sog. PDV 300 – künftig nicht mehr herangezogen werden dürfen. Dazu muss die Rspr. der Instanzgerichte abgewartet werden. Denn bei der PDV 300 geht es nicht in erster Linie um eine negative Prognoseentscheidung sondern um die grundsätzliche Eignung bezogen auf die besonderen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes. Es scheint aber wahrscheinlich, dass die bisherige Standardisierung der Anforderungen auch in diesem Bereich überarbeitet werden muss, insbesondere soweit auch hier prognostische Elemente (standardisiert) eingearbeitet sind. Dort, wo gesundheitliche Einschränkungen eine besondere Vollzugsdiensttauglichkeit aber bereits von Anbeginn ausschließen, dürfte dies auch weiterhin gelten und als Ablehnungsgrund der Einstellung für eine solche Laufbahn herangezogen werden können.

Das komplette Urteil ist auf der Internetseite des BVerwG veröffentlicht (Az. 2 C 11.12).

OVG Berlin-Brandenburg zur vorzeitigen Zurruhesetzung von Vollzugsbeamten: Weiterverwendung vor Versorgung

Das OVG Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 11.09.2013 die Rspr. des Verwaltungsgerichts Berlin bestätigt, wonach ein polizeivollzugsdienstunfähiger Beamter, der noch funktionsbezogen im Vollzugsdienst tätig sein kann, dort weiterverwendet werden muss, wenn nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen (Auszüge aus den Entscheidungsgründen finden Sie hier). Dabei begründe die Neuregelung des § 105 LBG Berlin eine „bis zur Grenze nicht mehr hinnehmbarer Schwierigkeiten“ reichende Verpflichtung des Dienstherrn, personelle und organisatorische Änderungen vorzunehmen, um eine Weiterverwendung in Funktionen des Polizeivollzugsdienstes zu ermöglichen.

Die Vorschrift begründe zugleich die Pflicht des Dienstherrn, in dem vorbezeichneten Umfang nach einer anderweitigen Verwendung zu suchen, um den gesetzlich konkretisierten Grundsatz „Weiterverwendung vor Versorgung“ wirksam umzusetzen.

Zu der weitergehenden Verpflichtung, einen Vollzugsbeamten bei tatsächlich nicht mehr bestehender Weiterverwendung im Vollzug gem. § 105 Abs. 2 in eine andere Laufbahn zu versetzen, musste das OVG in dem vorliegenden Urteil keine Aussagen treffen, weil der fragliche Beamte nur noch wenige Monate Dienstzeit bis zum Erreichen seiner Altersgrenze hatte. Insoweit hat es aber auf seine frühere Rspr. zu der sachgleichen Regelung in § 107 Abs. 2 Satz 1 LBG a.F.  verwiesen (Urteil vom 8. Dezember 2011) wonach die Soll-Vorschrift des § 105 Abs. 2 Satz 1 LBG dem Dienstherrn kein Ermessen eröffnet, sondern von dessen grundsätzlicher Verpflichtung ausgeht, den polizeidienstunfähigen Beamten in ein Amt einer anderen Laufbahn zu versetzen. Eine Ausnahme von der grundsätzlichen Verpflichtung zur anderweitigen Weiterverwendung eines polizeidienstunfähigen Beamten ist danach mit der Zielrichtung der Regelung nur dann vereinbar, wenn in den Erfordernissen des Dienstbetriebes liegende Gründe höchster Priorität eine Versetzung des Beamten in eine andere Laufbahn ausschließen. Der mit der Umschulung eines Beamten zum Zweck der Versetzung in ein Amt einer anderen Laufbahn verbundene zeitliche und finanzielle Aufwand kann für den Dienstherrn insbesondere dann unzumutbar werden, wenn der Beamte kurz vor dem Erreichen der Altersgrenze steht.