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Beihilferecht

Beihilfe

Rechtsgrundlage für die im Land Berlin geltenden Beihilfevorschriften ist nunmehr § 76 Landesbeamtengesetz (LBG Bln.), ferner gilt die Landesbeihilfeverordnung (LBhVO) in der Fassung v. 29.11.2016 mit zugehöriger Verwaltungsvorschrift (AV LBhVO). Für die Beamten des Bundes gilt die BBhV, dort näher ausgeführt in der BBhVVwV.

Die Praxisgebühr ist jetzt geregelt § 49 Abs. 4 der Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) und § 49 Abs. 2 LBhVO (Berlin). Die Rechtmäßigkeit der Praxisgebühr ist durch durch die Rspr. des BVerwG geklärt.

Ebenfalls neu geregelt sind die Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige  Medikamente bzw. Festbeträge, § 22 Abs. 2 und 3 LBhVO, dazu die Anlagen 5 und 6.

Danach sind nicht beihilfefähig Aufwendungen für

  1. Arzneimittel, die überwiegend der Erhöhung der Lebensqualität dienen (Anlage 5), es sei denn, dass im Einzelfall nicht der in Anlage 5 genannte Zweck, sondern die Behandlung einer anderen Körperfunktionsstörung im Vordergrund steht, die eine Krankheit ist, und

a) es keine anderen zur Behandlung dieser Krankheit zugelassenen Arzneimittel gibt oder

b) die anderen zugelassenen Arzneimittel im Einzelfall unverträglich sind oder sich als nicht wirksam erwiesen haben,

2. Arzneimittel zur Behandlung von

a) Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel, sofern es sich um geringfügige Gesundheitsstörungen handelt,

b) Mund- und Rachenerkrankungen, ausgenommen bei

aa) Pilzinfektionen,

bb) Geschwüren in der Mundhöhle oder

cc) nach chirurgischen Eingriffen im Hals-, Nasen- und Ohrenbereich,

c) Verstopfung, ausgenommen zur Behandlung von Erkrankungen im Zusammenhang mit Tumorleiden, Megacolon, Divertikulose, Divertikulitus, Mukoviszidose, neurogener Darmlähmung, vor diagnostischen Eingriffen, bei phosphatbindender Medikation, bei chronischer Niereninsuffizienz, bei der Opiat- sowie Opioidtherapie und in der Terminalphase oder

d) Reisekrankheiten, ausgenommen bei der Anwendung gegen Erbrechen bei Tumortherapie und anderen Erkrankungen, zum Beispiel Menièrescher Symptomkomplex,

soweit die Arzneimittel nicht für Minderjährige bestimmt sind,

  1. hormonelle Mittel zur Empfängnisverhütung; dies gilt nicht bei Personen unter 20 Jahren oder wenn diese Mittel unabhängig von der arzneimittelrechtlichen Zulassung zur Behandlung einer Krankheit verordnet werden.

Dazu Merkblätter des LVerwA.

Festbetragsregelung:

Streitig war früher die Festlegung von beihilferechtlichen Festbeträgen für Medikamente bei Verweisung auf die vom Spitzenverband der (gesetzlichen) Krankenkassen festgelegten Festbeträge.  Das  Bundesverwaltungsgericht hatte die in der Beihilfefverordnung des Landes Berlin bis Januar 2017 geltende Regelung des § 22 Satz 3 LBhVO  als nicht ausreichend erachtet, um die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Arzneimittel wirksam zu begrenzen.

Nunmehr ist diese Regelung  aber im Wege einer dynamischen Verweisung auf die nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 35 SGB V  festgesetzten Festbeträge nach den Vorgaben der Rspr.  verändert und auf der Grundlage einer entsprechenden Verordnungsermächtigung wirksam.

§ 22 Satz 3 LBhVO lautet:

(3) Aufwendungen für Arzneimittel, die nach Anlage 6 den Arzneimittelgruppen, für die ein Festbetrag nach § 35 Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt werden kann, zuzuordnen sind, sind nur bis zur Höhe der Festbeträge nach den Übersichten nach § 35 Absatz 8 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch beihilfefähig.

Ausnahmen davon sind nur im Einzelfall möglich. So hat etwa das VG Neustadt entschieden (Urt. v. 13.12.2017, 3 K 1183/17 NW):

„7 Satz 2 BBhV ermöglicht indes einen Härtefallausgleich auch in den Fällen, in denen der Kernbereich der Fürsorgepflicht – wie hier – zwar nicht betroffen ist (denn der Kläger hat nicht dargelegt, dass er durch die für das Medikament „P…“ geltende Festbetragsregelung in eine zeitlich nicht absehbare Lage geraten würde, die ihn – insoweit dauerhaft – finanziell derart überfordern würde, dass etwa vorhandenes Vermögen kontinuierlich aufgezehrt würde (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. August 2009 – 2 C 62/08 –, juris), d. h., wenn im Einzelfall Umstände vorliegen, bei denen es sich aufdrängt, dass der Fürsorgegrundsatz zur ausnahmsweisen Anerkennung der – vollständigen – Beihilfefähigkeit von unter die Festbetragsregelung fallenden Arzneimitteln führt (BVerwG, Urteil vom 26. März 2015 – 5 C 9.14 –; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15. April 2011 – 10 A 11331/10 –; VG Augsburg, Urteil vom 31. März 2016 – Au 2 K 15.1778 –; alle juris). Aufgrund ungewöhnlicher Individualverhältnisse ist insbesondere dann keine ausreichende Versorgung zum Festbetrag möglich, wenn die zum Festbetrag erhältlichen Arzneimittel unerwünschte Nebenwirkungen verursachen, die über bloße Unannehmlichkeiten oder Befindlichkeitsstörungen hinausgehen und damit die Qualität einer behandlungsbedürftigen Krankheit erreichen (vgl.: BSG, Urteil vom 3. Dezember 2012 – B1 KR 22/11 R –; VG Augsburg, Urteil vom 26. August 2015 – Au 2 K 14.1573 –; VG Augsburg, Urteil vom 31. März 2016 – Au 2 K 15.1778 –; alle juris).“

Eine entsprechende Regelung enthält für das Land Berlin § 7 LBhVO Berlin.

Das OVG NRW hat mit Urteil v. 11.07.2011 (1 A 498/09, juris) den Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Medikamente als zulässig erachtet.

Auch für physiotherapeutische Behandlung sieht die LBhVO Höchstbeträge vor, § 23 Abs. 1 und Anlage 4, dazu auch Rd-Schr. SenInn Sport I Nr. 60 / 2004 v 4.11.2004.