VG Berlin zur sog. „Potenzialanalyse“

VG Berlin „Potentialanalyse“, Beschlüsse v. 16.12.2008, VG 26 A 227.08 und 229.08 (auszugsweise)

„Ausgehend hiervon begegnet der Ausschluss des Antragstellers vom weiteren Auswahlverfahren mangels erfolgreicher Potentialanalyse nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung durchgreifend rechtlichen Bedenken. Aufgrund des vom Dienstherrn gewählten anonymisierten Verfahrens ist dieser nicht in der Lage, das von einem Bewerber in der Potentialanalyse erzielte Ergebnis individuell zu begründen; insoweit begnügt er sich mit einem Verweis auf die von ihm mit der Durchführung und Auswertung der Potentialanalyse beauftragte IST-GmbH. Im Verwaltungsvorgang ist lediglich das Ergebnis dieser ersten Stufe des Auswahlverfahrens in Form einer Liste der IST-GmbH dokumentiert, in der einserseits die Bewerber, die eine „Einladung zu weiteren Auswahlrunden“ erhielten, und andererseites diejenigen namentlich benannt sind, denen keine Einladung ausgesprochen wurde; in der Gesamtübersicht der Kandidaten (Anlage 11 zum Auswahlvermerk vom 24. November 2008) findet sich in der Rubrik „erfolgreiche Potentialanalyse“ entsprechend jeweils lediglich der Eintrag „ja“oder „nein“. Damit hat der Dienstherr die ihm im Intersse effektiven Rechtsschutzes obliegende Pflicht verletzt, das Verfahren so zu gestalten, dass die Auswahlentscheidung im Rahmen der den Verwaltungsgerichten zustehenden Prüfungskompetenz von diesen tatsächlich wirksam überprüft werden kann (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 4. November 1999 – 1 Bs 262/99 -, juris mit weiteren Nachweisen).

Denn auch wenn die Potentialanalyse als solche generell objektiv geeignet ist, aussagekräftige Erkenntnisse für die anstehende Auswahlentscheidung beizutragen und die Festlegung des sog. Orientierungsprofils sowie die Gewichtung am Anforderungsprofil des Aufstiegsamtes ausgerichtet hat, bleiben die von den Bewerbern in den sechs Leistungskriterien erzielten Einzelresultate – wie das Besprechungsprotokoll der Auswahlkommission vom 16. Juli 2007 veranschaulicht – in hohem Maße auslegungsbedürftig und erlauben ein Eignungsurteil nur im Ergebnis eines weitergehenden komplexen Auswertungsprozesses, in den wertende Entscheidungen einfließen. Die im Auswahlvorgang dokumentierten diesbezüglichen abstrakt-generellen Festle-gungen und Entscheidungen des Antragsgegners erlauben auch unter Berücksichtigung dessen Vorbringens im vorläufigen Rechtsschutzverfahrens keinen Rückschluss darauf, welche Vorgaben im vorliegenden Einzelfall zum Tragen kamen. Einer einzelfallbezogenen psychologischen Eignungsbegutachtung, die sich der Dienstherr nach Ergebnis und Begründung zu eigen machen könnte, hätte es jedoch um so mehr bedurft, als die Potentialanalyse die erste mit Ausschlusscharakter versehene Stufe des Auswahlverfahrens darstellt und im Ergebnis zum Ausschluss von rund ¾ der – zum Teil nur unter Vorbehalt – hierzu zugelassenen Bewerber geführt hat.“