Archiv der Kategorie: Beamtenrecht

Ruhegehalt: Anrechnung von Erwerbseinkommen

Anrechnung von Einkommen in der Beamtenversorgung

Bezieht ein(e) Versorgungsempfänge(r) Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen, erhält sie/er daneben ihre/seine Versorgungsbezüge nur bis zum Erreichen der Höchstgrenze. Nach Erreichen der Altersgrenze (derzeit noch das 65. Lebensjahr, zukünftig 67. Lebensjahr) wird aber nur noch ein Einkommen aus einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst angerechnet. Der Umfang des anzurechnenden Einkommens richtet sich nach der Art der Tätigkeit.

Anrechenbares Einkommen

Zum Erwerbseinkommen in diesem Sinne zählen:

  • Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit einschließlich evtl. Abfindungen,
  • Einkünfte aus selbständiger Arbeit, Gewerbetrieb und aus Land- und Forstwirtschaft

Erwerbsersatzeinkommen sind Leistungen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften kurzfristig erbracht werden, um Erwerbseinkommen zu ersetzen. Dazu zählen unter anderem:

  • Arbeitslosengeld,
  • Verletztengeld,
  • Kurzarbeitergeld,
  • Krankengeld,
  • Mutterschaftsgeld,
  • Unterhaltsgeld usw.

 Höchstgrenze

Die Höchstgrenze (außer bei Schwerbehinderung und bei Dienstunfähigkeit vor Erreichen der Regelaltersgrenze) sind die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe. Die Mindestkürzungsgrenze ist der Betrag des Eineinhalbfachen der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe A 4.

Für Ruhestandsbeamtinnen/Ruhestandsbeamte, die wegen Schwerbehinderung oder Dienstunfähigkeit, die nicht auf einem Dienstunfall beruht, in den Ruhestand versetzt wurden, gilt als Höchstgrenze bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (65. beziehungsweise später 67. Lebensjahr), 71,75 v. H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe, aus der sich das Ruhegehalt berechnet, zzgl. 525 EUR.

Die Mindestkürzungsgrenze ist der Betrag in Höhe von 71,75 v. H. des Eineinhalbfachen der jeweils ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe A 4.

Zur Höchstgrenze wird der jeweils zustehende Unterschiedsbetrag sowie ein Betrag in Höhe von monatlich 525 EUR  hinzugerechnet.

Berechnungsmodus bei Erreichung der Höchstgrenze

Eine zurruhegesetzte Ruhestandsbeamtin bezieht monatlich Einkünfte aus einer nicht-selbständigen Tätigkeit.

Höchstgrenze (ruhegehaltsfähige Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe): 2 989,67 EUR

Ruhegehalt:  2 020,59 EUR
Einkommen: 1 500,00 EUR
Gesamteinkommen: 3 520,59 EUR

Das Gesamteinkommen übersteigt die Höchstgrenze um 530,92 EUR.

Ruhegehalt: 2 020,59 EUR
abzüglich des übersteigenden Betrags: 530,92 EUR
Zahlbetrag des Ruhegehalts: 1 489,67 EUR

Beispiel: Ruhestand wegen Schwerbehinderung bei Erreichung der Höchstgrenze

Ein Ruhestandsbeamter wird wegen Schwerbehinderung vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand versetzt. Er bezieht aus einer selbständigen Tätigkeit ein Erwerbseinkommen.

Ruhegehaltfähige Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe:

2 989,67 EUR
x Anpassungsfaktor 0,98375: 2 941,09 EUR
davon 71,75 v. H. : 2 145,09 EUR
zzgl. Festbetrag: 525,00 EUR
Höchstgrenze: 2 670,09 EUR

Ruhegehalt: 2 020,59 EUR
zzgl. Erwerbseinkommen:1 500,00 EUR
Gesamteinkommen:3 520,59 EUR

Das Gesamteinkommen übersteigt die Höchstgrenze um 850,50 EUR.

Ruhegehalt: 2 020,59 EUR
abzüglich des übersteigenden Betrags: 850,50 EUR
Zahlbetrag des Ruhegehalts:  1.170,09 EUR

BVerfG zu Streikrecht beamteter Lehrer

Das Bundesverfassungsgericht hat ein Streikrecht für Lehrer im Beamtenverhältnis verneint. Die GEW will dagegen den Europäischen Gerichtshof anrufen.

Hier die Leitsätze (Urteil v. 12. Juni 2018, 2 BvR 1738/12 u.a.):

  1. Der persönliche Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG umfasst auch Beamte (vgl. BVerfGE 19, 303 <312, 322>). Das Grundrecht der Koalitionsfreiheit ist zwar vorbehaltlos gewährleistet. Es kann aber durch kollidierende Grundrechte Dritter und andere mit Verfassungsrang ausgestattete Rechte begrenzt werden.
  1. a) Das Streikverbot für Beamte stellt einen eigenständigen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG dar. Es erfüllt die für eine Qualifikation als hergebrachter Grundsatz notwendigen Voraussetzungen der Traditionalität und Substanzialität.
  1. b) Das Streikverbot für Beamte ist als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums vom Gesetzgeber zu beachten. Es weist eine enge Verbindung auf mit dem beamtenrechtlichen Alimentationsprinzip, der Treuepflicht, dem Lebenszeitprinzip sowie dem Grundsatz der Regelung des beamtenrechtlichen Rechtsverhältnisses einschließlich der Besoldung durch den Gesetzgeber.
  1. a) Die Bestimmungen des Grundgesetzes sind völkerrechtsfreundlich auszulegen. Der Text der Europäischen Menschenrechtskonvention und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte dienen auf der Ebene des Verfassungsrechts als Auslegungshilfen für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite von Grundrechten und rechtsstaatlichen Grundsätzen des Grundgesetzes (vgl. BVerfGE 74, 358 <370>; 111, 307 <317>; 128, 326 <367 f.>; stRspr).
  1. b) Während sich die Vertragsparteien durch Art. 46 EMRK verpflichtet haben, in allen Rechtssachen, in denen sie Partei sind, das endgültige Urteil des Gerichtshofs zu befolgen (vgl. auch BVerfGE 111, 307 <320>), sind bei der Orientierung an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte jenseits des Anwendungsbereiches des Art. 46 EMRK die konkreten Umstände des Falles im Sinne einer Kontextualisierung in besonderem Maße in den Blick zu nehmen. Die Vertragsstaaten haben zudem Aussagen zu Grundwertungen der Konvention zu identifizieren und sich hiermit auseinanderzusetzen. Die Leit- und Orientierungswirkung ist dann besonders intensiv, wenn Parallelfälle im Geltungsbereich derselben Rechtsordnung in Rede stehen, mithin (andere) Verfahren in dem von der Ausgangsentscheidung des Gerichtshofs betroffenen Vertragsstaat betroffen sind.
  1. c) Die Grenzen einer völkerrechtsfreundlichen Auslegung ergeben sich aus dem Grundgesetz. Die Möglichkeiten einer konventionsfreundlichen Auslegung enden dort, wo diese nach den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung und Verfassungsinterpretation nicht mehr vertretbar erscheint (vgl. BVerfGE 111, 307 <329>; 128, 326 <371>). Im Übrigen ist auch im Rahmen der konventionsfreundlichen Auslegung des Grundgesetzes die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte möglichst schonend in das vorhandene, dogmatisch ausdifferenzierte nationale Rechtssystem einzupassen.
  1. Das Streikverbot für Beamtinnen und Beamte in Deutschland steht mit dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes im Einklang und ist insbesondere mit den Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar. Auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte lässt sich eine Kollisionslage zwischen dem deutschen Recht und Art. 11 EMRK nicht feststellen.

Bundesverwaltungsgericht zu tätowierten Beamten

Mit Urteil des BVerwG v. 7. November 2017, 2 C 25.17 hatte das höchste deutsche Verwaltungsgericht grundsätzliche Feststellungen zur Frage von Tätowierungen bei Beamten getroffen. Danach greift ein Verbot des Tragens bestimmter Tätowierungen in das auch den Beamten durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Persönlichkeitsrecht ein. Es bedürfe daher einer gesetzlichen Grundlage.

Weiter hatte es ausgeführt: Es gäbe Anhaltspunkte dafür, dass gewandelte gesellschaftliche Vorstellungen zwischenzeitlich auch hinsichtlich Tätowierungen vorliegen könnten. Die Frage, ob angesichts dieser Entwicklung weiterhin von einer allgemeinen Ablehnung oder Gefährdungen für die Repräsentations- oder Neutralitätsfunktion ausgegangen werden könne, bedürfe daher einer aktualisierten Prüfung.

In einer neueren Entscheidung hat das BVerwG nachfolgend aber für Polizeivollzugsbeamte in Bayern entscheiden, dass diese sich an Kopf, Hals, Händen und Unterarmen nicht tätowieren lassen dürfen (BVerwG, Urteil vom 14. Mai 2020 – 2 C 13/19 –). Denn: dort bestehe eine hinreichende gesetzliche Grundlage. Das Bayerische Beamtengesetz untersagt es Polizeivollzugsbeamten unmittelbar , sich im beim Tragen der Dienstkleidung (Sommeruniform) sichtbaren Körperbereich, d.h. konkret an Kopf, Hals, Händen und Unterarmen, tätowieren zu lassen. Nach Auffassung des BVerwG ist damit bereits im Bayerischen Beamtengesetz selbst für im Dienst stehende Polizeivollzugsbeamte ein hinreichend vorhersehbares und berechenbares Verbot für Tätowierungen und andere nicht sofort ablegbare Erscheinungsmerkmale (wie etwa ein Branding oder ein Ohrtunnel) im beim Tragen der Uniform sichtbaren Körperbereich geregelt. Dies ergebe sich aus der Auslegung des Gesetzes unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung. Danach seien äußerlich erkennbare Tätowierungen und vergleichbare auf Dauer angelegte Körpermodifikationen im sichtbaren Bereich mit der Neutralitäts- und Repräsentationsfunktion von uniformierten Polizeivollzugsbeamten unvereinbar. Durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützte individuelle Interessen der Polizeivollzugsbeamten an einer Tätowierung müssten für den – bezogen auf den Gesamtkörper beim Tragen der Dienstkleidung kleinen – sichtbaren Bereich gegenüber der Notwendigkeit eines einheitlichen und neutralen Erscheinungsbildes zurücktreten.

Die Einstellungspraxis und Rechtsgrundlagen sind in den Bundesländern uneinheitlich. Soweit keine gesetzliche Grundlage besteht, darf eine Einstellung aber grds. nicht wegen des Tattoos abgelehnt werden, so auch die Rspr. des hiesigen OVG (Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 01. Februar 2019 – OVG 4 S 52.18 –), Leitsatz:

Die Ablehnung der Einstellung eines Bewerbers für den Polizeivollzugsdienst wegen einer Tätowierung, die nach Auffassung der Einstellungsbehörde in der Bevölkerung als bedrohlich und abschreckend wahrgenommen werden könnte, bedarf einer gesetzlichen Grundlage. An dieser fehlt es im Land Berlin.

Es gibt aber Grenzen. So kann eine Tätowierung gleichwohl eine Pflichtverletzung darstellen, wenn und soweit diese durch ihren Inhalt gegen andere beamtenrechtliche Pflichten verstößt. Dies ist nach der Rspr. des BVerwG nicht nur dann der Fall, wenn sich aus dem Inhalt der Tätowierung eine Straftat erfibt, wie etwa bei einer Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nach § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB. Eine Tätowierung begründet vielmehr auch dann ein Dienstvergehen, wenn ihr Inhalt einen Verstoß gegen die Verfassungstreuepflicht des Beamten offenbart.

Aus den Entscheidungsgründen des BVerwG:

„Auch wenn die Reglementierung des Erscheinungsbildes von Beamten während ihrer Dienstausübung auf eine behördeninterne Wirkung gerichtet ist, die Art und Weise, in der der Beamte seinen Dienstpflichten nachzukommen hat, ist ihre Wirkung nicht auf die Zeiten der Dienstausübung beschränkt. Anders als die Vorgabe, eine bestimmte Dienstkleidung zu tragen oder während der Dienstzeit Schmuckstücke abzulegen, greift das Verbot bestimmter Tätowierungen zwangsläufig auch in die private Lebensführung und damit in subjektive Rechte der Beamten ein. Die Regelung bedarf daher einer hinreichend bestimmten Ermächtigung durch den Gesetzgeber (BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 – 2 C 3.05 – BVerwGE 125, 85 Rn. 17; BVerfG, Beschluss vom 10. Januar 1991 – 2 BvR 550/90 – NJW 1991, 1477 f.).

 In der Rechtsprechung ist hierfür auf die generelle Befugnis zur Regelung der Dienstkleidung (vgl. § 74 BBG) verwiesen worden. Die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts betrafen in der Sache zwar nur die Gestaltung der Haartracht; in ihnen ist aber ausdrücklich auch auf die Möglichkeit einer Vorgabe für Tätowierungen verwiesen worden (BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 – 2 C 3.05 BVerwGE 125, 85 Rn. 18; ebenso Beschluss vom 17. Dezember 2013 – 1 WRB 2.12 u.a. – BVerwGE 149, 1 Rn. 48 für das Soldatenrecht). An dieser Auffassung hält der Senat nicht fest. Wie bei der Einschätzung, welche rechtlichen Grundlagen für die Vorgabe von

Einstellungshöchstaltersgrenzen erforderlich sind, stellt sich auch im Hinblick auf die Reglementierung des zulässigen Ausmaßes von Tätowierungen bei Beamten die Frage der Wesentlichkeit und damit der Ermächtigungsgrundlage unter dem zwischenzeitlich aktualisierten verfassungsrechtlichen Blickwinkel anders dar als noch vor einigen Jahren (BVerfG, Beschluss vom 21. April 2015 – 2 BvR 1322/12 u.a. – BVerfGE 139, 19 Rn. 57).

So sind Einstellungshöchstaltersgrenzen für Beamte traditionell durch Verwaltungsvorschrift bestimmt worden; dies hat die Rechtsprechung lange Zeit gebilligt (BVerwG, Urteile vom 31. Januar 1980 – 2 C 15.78 – Buchholz 232 § 15 BBG Nr. 11 S. 5 und vom 23. Oktober 1980 – 2 C 22.79 – Buchholz 238.4 § 37 SG Nr. 2 S. 5). Erst im Jahr 2009 ist hierzu eine normative Ausgestaltung verlangt (BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2009 – 2 C 18.07 – BVerwGE 133, 143 Rn. 9), die Regelung durch Rechtsverordnung aber weiterhin für ausreichend erachtet worden (BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2012 – 2 C 76.10 – BverwGE 142, 59 Rn. 26). 2015 hat das Bundesverfassungsgericht den Parlamentsvorbehalt im Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG weiter hervorgehoben und eine hinreichend bestimmte Entscheidung des Parlamentsgesetzgebers selbst verlangt (BVerfG, Beschluss vom 21. April 2015 – 2 BvR 1322/12 u.a. – BVerfGE 139, 19 Rn. 52 ff.). Dem ist die Rechtsprechung des erkennenden Senats gefolgt (BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2016 – 2 C 11.15 – BVerwGE 156, 180 Rn. 17 ff.).

Die vom Bundesverfassungsgericht hinsichtlich der Regelung von Einstellungshöchstaltersgrenzen gegebene Begründung trifft auch für die Reglementierung des Ausmaßes zulässiger Tätowierungen für Beamte zu. Grundrechte gelten auch im Beamtenverhältnis. Die Austarierung widerstreitender Grundrechte (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 – 2 BvR 1436/02 – BVerfGE 108, 282 <310> in Bezug auf Kleidungsvorschriften für Lehrkräfte) oder kollidierender Verfassungspositionen ist dem Parlament vorbehalten. Wesentliche Inhalte des Beamtenverhältnisses sind daher durch Gesetz zu regeln. Dies gilt insbesondere für Regelungen mit statusbildendem oder statusberührenden Charakter, durch die Bedingungen der Einstellung oder Entlassung normiert werden (BVerfG, Beschluss vom 21. April 2015 – 2 BvR 1322/12 u.a. – BVerfGE 139, 19 Rn. 69).

Mit der Bestimmung unzulässiger Tätowierungen werden Eignungsanforderungen festgelegt, die zur zwingenden Ablehnung eines Einstellungsbegehrens führen (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 14. Juli 2016 – 6 B 540/16 – juris Rn. 3 und 5). Für bereits ernannte Beamte bilden entsprechende Regelungen die Grundlage für Weisungen, keine derartige Tätowierung im Dienst zu tragen (VG Halle, Urteil vom 18. Mai 2016 – 5 A 54/16 – juris Rn. 21 f.).

Insoweit ist neben dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) auch das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG berührt. Das Bundesverwaltungsgericht hat dessen Anwendungsbereich für das Schneiden der Kopfhaare zwar grundsätzlich verneint (BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 – 2 C 3.05 – VerwGE 125, 85 Rn. 16). Die Vorgabe, die Haare in Hemdkragenlänge zu tragen, könne nicht zu einer Entstellung oder Verunstaltung führen. Angesichts des intensiven körperlichen Eingriffs und der damit verbundenen Schmerzen kann Entsprechendes für die Entfernung von Tätowierungen aber offenkundig nicht gelten. Die Aufforderung, großflächige Tätowierungen an Kopf, Hals, Händen oder Unterarmen zu beseitigen, greift daher auch in den Schutzbereich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ein.

 (…)

Die Reglementierung zulässiger Tätowierungen im Beamtenverhältnis bedarf folglich einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Regelung. Auch im Falle der Verordnungsermächtigung muss dabei schon aus der parlamentarischen Leitentscheidung der Ermächtigung erkennbar und vorhersehbar sein, was dem Bürger gegenüber zulässig sein soll (BVerfG, Beschluss vom 21. April 2015 – 2 BvR 1322/12 u.a. – BVerfGE 139, 19 Rn. 55).

 (…)

Anhaltspunkte dafür, dass gewandelte gesellschaftliche Vorstellungen zwischenzeitlich auch hinsichtlich Tätowierungen vorliegen könnten, liegen durchaus vor (vgl. zur Einordnung als „Modephänomen“ etwa Schmidt, Das äußere Erscheinungsbild von Beamtenbewerbern, 2017, S. 175 und 177 mit dem Hinweis, mittlerweile gebe es etwa 3000 Tattoostudios in Deutschland). Dies gilt nicht nur in Bezug auf das Verhalten prominenter Vorbilder in Sport, Musik und Showbusiness (vgl. Lobstädt, Tätowierung, Narzissmus und Theatralität, 2011, S. 115 ff.). Nach einer Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach (Allensbacher Kurzbericht vom 8. Juli 2014) hat sich der Anteil der Tätowierten in Deutschland in den letzten zehn Jahren um über 40 % erhöht. 24 % der 16- bis 29-Jährigen – und damit fast jeder Vierte – hat zwischenzeitlich eine Tätowierung.

Bei Frauen liegt der Anteil in dieser Altersgruppe sogar bei 30 %, in Ostdeutschland (geschlechterübergreifend) bei 41 %. Insbesondere bei jüngeren Menschen und in Ostdeutschland hat die Verbreitung von Tätowierungen daher offenbar den Bereich von Subkulturen verlassen und „die Mitte der Gesellschaft erreicht“ (VG Halle, Urteil vom 18. Mai 2016 – 5 A 54/16 – juris Rn. 31; hierzu auch VG Düsseldorf, Beschluss vom 24. August 2017 – 2 L 3279/17 – juris Rn. 30). Die Frage, ob angesichts dieser Entwicklung weiterhin von einer allgemeinen Ablehnung oder Gefährdungen für die Repräsentations- oder Neutralitätsfunktion ausgegangen werden kann, bedarf daher einer aktualisierten Prüfung.

Dabei erscheint nicht ausgeschlossen, dass für die Tätowierung besonders exponierter

und auch beim Tragen einer Uniform sichtbarer Bereiche, wie Kopf, Hals, Hände und vielleicht auch Unterarme weiterhin von einer ausreichenden Gefährdungslage ausgegangen werden kann. Präzise Aussagen hierzu sind den vorhandenen Erkenntnisquellen nicht zu entnehmen. Die normative Leitentscheidung hierzu muss jedoch durch das Parlament und aufgrund aktueller Erkenntnisgrundlagen erfolgen.

Das Haben von Tätowierungen an sich verstößt damit nicht gegen eine dem

Beklagten wirksam auferlegte Pflicht. (…)

Das Tragen einer Tätowierung stellt gleichwohl eine Pflichtverletzung dar, wenn und soweit diese durch ihren Inhalt gegen andere beamtenrechtliche Pflichten verstößt. Dies ist nicht nur der Fall, wenn sich aus dem Inhalt der Tätowierung eine Straftat ergibt – wie etwa im Falle der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nach § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB. Eine Tätowierung begründet vielmehr auch dann ein Dienstvergehen, wenn ihr Inhalt einen Verstoß gegen die Verfassungstreuepflicht des Beamten offenbart.“

Foto: Fotalia

Nachversicherung

Nachversicherung bei Beendigung des Beamtenverhältnisses

Geltende Regelung: Nachversicherung

Ein Beamter, der ohne Versorgungsansprüche aus dem Dienstverhältnis ausscheidet, wird gemäß § 8 SGB VI für die Dauer des Beamtenverhältnisses in der gesetzlichen Rentenversicherung (nicht in der zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes) nachversichert. Der (bisherige) Dienstherr übernimmt die zu entrichtenden Beiträge (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil), vgl. § 181 Abs. 5 SGB VI. Damit bestehen dann Rentenansprüche in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Diese Regelung gilt nach wie vor für Berlin und Brandenburg (Stand 02/ 2018).

Allerdings hat der Europäische Gerichtshof mit seiner Entscheidung v. 13.7.2016 – C-187/15 festgestellt, dass durch die Regelungen zur Nachversicherung von Beamten in Deutschland die Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art 45 AEUV unzulässig beschränkt werde.

In diesem entschiedenen Fall hat im Nachgang das VG Düssledorf, welches dem EuGH vorgelegt hatte, entschieden, dass dem dortigen Beamten trotz Fehlens einer Regelung eine entsprechende Versorgung zuteil werden müsse (VG Düsseldorf, Urteil vom 26. Februar 2018 – 23 K 6871/13 –).

Der Bund hat darauf bereits reagiert und durch das Altersgeldgesetz eine Alternative zu der oft ungünstigeren Regelung der Nachversicherung geschaffen. Mit dem am 4. September 2013 in Kraft getretenen Altersgeldgesetz (AltGG) soll die Attraktivität des öffentlichen Dienstes, insbes. die Mobilität von qualifiziertem Personal von der Wirtschaft in den öffentlichen Dienst gestärkt werden. Nunmehr haben Bundesbeamte/Richter auf Lebenszeit und Berufssoldaten, die freiwillig und ohne einen dienstlichen Grund aus dem Dienst ausgeschieden sind, alternativ zu der  Nachversicherung die Möglichkeit, Altersgeld zu beantragen. Der Antrag muss schriftlich erfolgen.

Voraussetzungen:

Das Altersgeld wird anhand der letzten Brutto-Bezüge sowie der geleisteten Dienstzeit ermittelt. Von dem so errechneten Anspruch werden pauschal 15 % abgezogen.
Der entlassene Beamte, Richter oder Soldat muss eine Mindestdienstzeit von sieben Dienstjahren vorweisen, von denen mindestens fünf Jahre beim Bund abgeleistet worden sein müssen. In der Regel wird das Altersgeld erst mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze gezahlt, bei erwerbsgeminderten oder schwerbehinderten Personen gibt es Ausnahmen gemacht: Nehmen sie das Altersgeld aber vorzeitig in Anspruch, müssen Abschläge in Kauf genommen werden.

Soweit die Betroffenen weitere Versorgungsleistungen, Einkommen aus Beschäftigungsverhältnissen oder Renten beziehen, deren Anwartschaften vor dem Dienstverhältnis begründet worden sind, werden diese auf das Altersgeld angerechnet.

Zur Höhe des Altersgeldes:

Für jedes anrechenbare Dienstjahr (genau wie bei einem Ruhegehaltsanspruch zu berücksichtigungsfähigen Dienstjahren) werden 1,79375 % der altersgeldfähigen Dienstbezüge angerechnet, jedoch nur bis zu einem Höchstwert von 71,75. Das ermittelte Ergebnis wird mit dem Faktor 0,85 multipliziert. Auch die Kürzungsregelungen bei einem vorzeitigen Bezug des Altersgeldes sind mit denen für das Ruhegehalt identisch. Familienzuschlag und kindbezogene Anteile am Familienzuschlag gehören nicht zu den altersgeldfähigen Dienstbezügen.

Für Hinterbliebene gilt:

Verstirbt ein Bezieher von Altersgeld, haben seine Witwe/sein Witwer sowie seine Kinder einen Anspruch auf Witwen- bzw. Waisenaltersgeld. Dessen Höhe wird analog zum Witwengeld ermittelt.

Wichtig:

Die Festsetzung der altersgeldfähigen Dienstzeit und der Dienstbezüge muss spätestens sechs Monate nach der Entlassung erfolgen. Die Entscheidung für das Altersgeld ist unwiderruflich. Wurde bereits eine Nachversicherung durchgeführt, ist diese nicht mehr zugunsten des Altersgeldes umkehrbar.

Der Anspruch ruht so lange, bis der Berechtigte die Regelaltersgrenze gem. § 35 Satz 2 (Vollendung des 67. Lebensjahres) oder § 235 Abs. 2 (Vollendung des 65. Lebensjahres für alle vor dem 1. Januar 1947 Geborene) des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) erreicht hat.

Der Anspruch auf Altersgeld löst ein Ausscheiden aus dem Beamten- oder Dienstverhältnis aus. Damit entfällt der Beihilfeanspruch. Die Betroffenen müssen sich also künftig zu 100 % selbst krankenversichern: gesetzlich, wenn sie (in seltenen Fällen) auch bislang gesetzlich krankenversichert waren, in der Regel jedoch über eine private Krankenversicherung.

Im Gegensatz zu den beamtenrechtlichen Bezügen und der Versorgung wird das Altersgeld immer am letzten Bankarbeitstag des abgelaufenen Kalendermonats, also rückwirkend, gezahlt.

Zum Ganzen: Drescher, „Altersgeld für freiwillig aus dem Dienst ausscheidende Beamte, Richter und Soldaten“, RiA 2013, 103 ff. und Ruhland, „Das Ende der herkömmlichen Nachversicherung von Beamten“, NVwZ 2017, 422 ff.

Entlassung auf Antrag

Entlassung Beamtenverhältnis auf  eigenen Antrag

Rechtsgrundlage  (für Berlin) ist § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeamtStG (Beamtenstatusgesetz) i.V.m.  § 34 Abs. 1 LBG. Für Bundesbeamte gilt § 33 BBG.

Danach ist eine Beamtin / ein Beamter zu entlassen, wenn er die Entlassung in schriftlicher Form verlangt. § 34 Abs. 3 Satz 1  LBG bestimmt, dass bei einem solchen schriftlichen Antrag die Entlassung zum beantragten Zeitpunkt auszusprechen ist, jedoch solange hinausgeschoben werden kann bis die Amtsgeschäfte ordnungsgemäß erledigt sind, längstens  für 3 Monate.

Satz 2 bestimmt ergänzend, dass der Antrag auf Entlassung innerhalb von 2 Wochen nach Eingang bei der Behörde noch zurückgenommen werden kann, solange die Entlassungsentscheidung noch nicht zugegangen ist, danach nur mit Zustimmung der Behörde.

Der Antrag auf Entlassung aus dem Beamtenverhältnis ist also eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die schriftlich abgegeben werden muss und unterzeichnet sein muss. Weitere  Anforderung stellt das Gesetz nicht. Die Erklärung ist gegenüber dem Dienstvorgesetzten abzugeben .

In der Folge wird der Dienstherr eine Entlassungsverfügung fertigen. Rechtsfolge ist die Beendigung des Beamtenverhältnisses, rglm. zu dem beantragten Zeitpunkt, s.o. Damit tritt insbesondere der Verlust der Dienstbezüge nach diesem Zeitpunkt und des  Anspruches auf Versorgung ein. Ein Anspruch auf Übergangsgeld nach § 47 BeamtVG besteht bei einer Entlassung auf eigenen Antrag nicht.

In der Folge der Entlassung und des Verlustes der Versorgungsbezüge erfolgt eine Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung, s. gesonderter Beitrag. Der Bund und vereinzelte Bundesländer haben zwischenzeitlich nach einer Entscheidung des EuGH eine Alternative zur Nachversicherung geschaffen, ein sog. Altersgeld. In Berlin gibt es eine solche Rechtsgrundlage bisher nicht (Stand 02/2018).

Zeitnahe Geltendmachung

Zeitnahe Geltendmachung

Macht der Beamte eine verfassungswidrige Unteralimentation geltend und erkennt das Bundesverfassungsgericht dies als gegeben an und verfügt eine rückwirkende Korrektur, dann stehen dem Beamten rückwirkend nur Ansprüche zu, die er zum einen zeitnah geltend gemacht hat, und die zum anderen noch nicht verjährt sind.

Mit einer zeitnahen Geltendmachung sichert sich der Beamte die Ansprüche ab dem Jahr, in dem diese Geltendmachung erfolgt. Wichtig ist, dass er dabei auch deutlich macht, dass sich der Widerspruch oder die Geltendmachung nicht nur auf das aktuelle Jahr, sondern auch auf Folgejahre erstreckt.

Insoweit hat das OVG Berlin-Brandenburg aber in einer aktuellen Entscheidung  erkannt, dass auch bei erhobener Klage ab dem Jahr 2020 eine neuerliche Rüge gegenüber dem Dienstherrn erforderlich war (Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. November 2025 – OVG 4 B 4/24). Ein solcher „Besoldungswiderspruch“ wirke zwar für das jeweilige Jahr und u.U. auch für spätere Jahre. Wie das Bundesverwaltungsgericht bereits im Jahr 2011 entschieden habe, müssten Beamte den Widerspruch allerdings dann erneuern, wenn es zu gesetzgeberischen Aktivitäten gekommen sei, die das Alimentationsdefizit korrigieren sollen.

Demnach auf das Gesetz zur Anpassung der Besoldung und Versorgung für das Land Berlin 2019/2020 und zur Änderung weiterer besoldungsrechtlicher Vorschriften (BerlBVAnpG 2019/2020) – GVBl. 2019, 551 – vom 5. September 2019 mit einem erneuten Widerspruch reagiert werden müssen, denn damit seien u.a. die Gehälter zum 1. April 2019 und erneut zum 1. Februar 2020 um jeweils 4,3 Prozent erhöht worden und dies ausdrücklich zu dem im Gesetz genannten Zweck, „den Besoldungsdurchschnitt der übrigen Bundesländer bis zum Jahr 2021 zu erreichen“.

Kritik: Das nicht rechtskräftige Urteil ist aus unserer Sicht nicht zutreffend. Das Oberverwaltungsgericht hat bereits nicht zwischen nur außergerichtlichen Besoldungswidersprüchen und solchen bei bereits erhobener Klage differenziert, es hat dies gar nicht thematisiert. Seine Hinweise auf die Rspr. des Bundesverwaltungsgerichts (etwa auch zuletzt auf BVerwG, Urteil vom 21. Februar 2019 – 2 C 50/16 –, juris) betreffen Verfahren, bei denen außergerichtliche Geltendmachungen nicht hinreichend erfolgt waren. Dass und warum dies auch bei zukunftsoffen erhobenen Klagen der Fall sein soll, legt das OVG nicht dar. Auch bei der Prüfung eines Vertrauensschutzes nimmt es Bezug auf ein Urteil des BVerwG, welches  einen Fall betraf, bei dem es um vor erhobener Klage außergerichtlich nicht wiederholte zeitnahe Gelendmachungen ging (Urteil des BVerwG, vom 28. Juni 2011 – 2 C 40.10 – juris Rn. 10).

Das Oberverwaltungsgericht hat formuliert (Rn. 20): „Ein womöglich mehrjährig wirkender Besoldungswiderspruch erledigt sich mit der (nach den aufgezeigten Maßstäben relevanten) neuen Gesetzgebung. Es hätte für das gesamte Haushaltsjahr erneut ein Besoldungswiderspruch eingelegt werden müssen, wenn kein Rechtsverlust eintreten soll.“

Ob und weshalb selbiges aber bei einer zukunftsoffen erhobenen Klage gelten soll, die sich verfahrensrechtlich nicht von selbst erledigt, wenn neue Regelungen erlassen werden, hat das OVG nicht dargelegt.

Das BVerwG hat etwa mit Urteil vom 13. November 2008 – 2 C 16/07 –, juris) bezogen auf Ansprüche aus einer Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts insoweit erkannt:

Solche Ansprüche lassen sich nicht wie bei einem Besoldungsgesetz nach Zeiträumen und Höhe aus der Vollstreckungsanordnung entnehmen, sondern setzen die Klärung voraus, ob weiterhin die gesetzlich vorgesehene Besoldung hinter der verfassungsrechtlich gebotenen Alimentation zurückbleibt. (…). Die Fachgerichte haben jeweils zunächst zu prüfen, ob die gesetzgeberischen Aktivitäten bezogen auf die verschiedenen Anspruchszeiträume den Verfassungsverstoß beendet haben. Das erfordert eine Auseinandersetzung mit den seit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 1998 ergriffenen Maßnahmen des Gesetzgebers, der für sich stets in Anspruch genommen hat, durch die Erhöhung des Kindergeldes, die steuerliche Entlastung von Familien und insbesondere die Erhöhung der kindbezogenen Besoldungsbestandteile bereits eine der Verfassung entsprechende Alimentation herbeigeführt zu haben. Erst wenn die Fachgerichte für bestimmte Zeiträume, bestimmte Besoldungsgruppen und eine bestimmte Kinderzahl des Beamten eine Fortdauer des Verfassungsverstoßes feststellen, können Einzelansprüche zugesprochen werden.“

Daraus lässt sich folgern, dass mit einer Feststellungsklage gerade die Prüfung der Fachgerichte bzgl. der Angemessenheit der Besoldung und insbesondere der Frage gerichtshängig gemacht wird, ob die gesetzgeberischen Aktivitäten einen Verfassungsverstoß beendet haben. Damit lässt sich aber die Forderung nach erneuernden Rügen während eines laufenden Klageverfahrens nicht halten. Die maßgebliche Frage ist mit der Klage gerade zur gerichtlichen Überprüfung gestellt und rechtshängig.

Eine erneute Rügeobliegenheit erscheint demnach bei erhobener Klage nicht nachvollziehbar. Diese würde bedeuten, dass bei einer einmal erhobenen laufenden Feststellungsklage, die zudem vom Verwaltungsgericht rglm. bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgesetzt wird, der jeweilige Kläger laufend bei „gesetzgeberischen Aktivitäten“ seine Klage immer wieder bestärken müsste und sich immer wieder – außergerichtlich oder gerichtlich – zur Fortdauer seines Begehrens erklären müsste. Das erscheint in einem laufenden Klageverfahren aber nicht nachvollziehbar.

Ergibt die gerichtliche Überprüfung im Rahmen des Klageverfahrens, dass die Besoldung ab einem bestimmten Zeitpunkt verfassungsgemäß war, wird der jeweilige Kläger (teilweise) unterliegen. Hält das Gericht eine zwischenzeitliche Besoldungsanpassung (etwa durch ein Reparaturgesetz) für hinreichend, kann es eine Erledigungserklärung anregen. Durch die (aufrechterhaltene) Klage und den unbeschränkten Antrag ist aber das Klageziel vorgegeben und der Dienstherr ist damit auch hinreichend darüber informiert, dass mit der aufrechterhaltenen Klage weiterhin Ansprüche geltend gemacht werden. Eine fortlaufende Pflicht eines Klägers, die Fortdauer seiner Klage durch immer neue ergänzende Prozesserklärungen oder gar außergerichtliche Geltendmachungen zum bereits rechtshängigen Klagegegenstand „aufzufrischen“, dies gar mit der Folge eines Rechtsverlustes, erscheint bei erhobenen und anhängigen Klageverfahren nicht nachvollziehbar.

So hatte es auch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg selbst noch mit Beschluss vom 11. Oktober 2017 (OVG 4 B 33.12) gesehen:

„Die Klägerin hat ihren Anspruch zeitnah geltend gemacht (…). Diesem Erfordernis entsprach sie bezogen auf alle hier maßgeblichen Besoldungsjahre, indem sie mit Schreiben vom 14. April 2009 die Defizite ihrer Alimentation gegenüber dem Beklagten gerügt hat; mit ihrer am 29. Juni 2009 erhobenen Klage hat sie überdies deutlich gemacht, dass sie ihr Nettoeinkommen seit dem 1. Januar 2009 als verfassungswidrig zu niedrig bemessen erachte. Die Klägerin war jedenfalls nicht dazu verpflichtet, ihren Anspruch auf Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation in jedem Haushaltsjahr erneut geltend zu machen. Ein einmal erkennbar in die Zukunft gerichteter Antrag auf erhöhte Besoldung genügt grundsätzlich über das laufende Haushaltsjahr hinaus den Anforderungen an eine zeitnahe Geltendmachung auch für die folgenden Jahre (…).“

Nunmehr unterscheidet das OVG in dem neuen Urteil aber zwischen Grundsatz und Ausnahme. Die gesetzgeberischen Aktivitäten des Landes mit dem BerlBVAnpG 2019/2020 sollen Anlass geboten haben, erneut eine (aus der Treuepflicht des Beamten hergeleitete) zeitnahe Geltendmachung anbringen zu müssen.

Zu den gesetzgeberischen Aktivitäten des Landes Berlin hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss v. 19.09.2025 angemerkt:

„Erschwerend kommt hinzu, dass der Gesetzgeber des Landes Berlin auf den Beschluss des Senats vom 4. Mai 2020 (BVerfGE 155, 1) nur bezüglich der Richterbesoldung reagiert (…), die aus den schon damals bekannten Gründen ebenfalls naheliegende Revision auch der Beamtenbesoldung jedoch nicht vorgenommen hat. Die Begründung, der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur A-Besoldung nicht vorgreifen zu wollen (vgl. Abghs.-Drucks. 19/17836, S. 1 f.), überzeugt nicht. Denn die dort entwickelten Maßstäbe waren ohne Weiteres subsumtionsfähig. Vielmehr bestätigt sich der Eindruck, dass das Land Berlin die Besoldung sehenden Auges hinter die von ihm ausgehandelten Tariflöhne hat zurückfallen lassen (ebenso bereits BVerfGE 155, 1 <74 f. Rn. 179>).“

Dann aber bleibt zu fragen ob die Treuepflicht des Beamten es tatsächlich gebietet, gegenüber dem derart säumigen Land Berlin wegen einer bloßen Besoldungsanpassung mit dem Ziel, nach jahrelanger Untätigkeit sich wenigstens dem Besoldungsdurchschnitt der anderen Länder anzunähern (nicht etwa eine verfassungsgemäße Besoldung zu schaffen), es tatsächlich rechtfertigen soll, eine erneute Geltendmachung im Jahr 2019 oder 2020 einzufordern und bei Unterbleiben derselben einen Anspruchsverlust anzunehmen.

OVG Berlin-Brb. zur „Wunderkerzenregelung“ bei Wechsel des Vorbereitungsdienstes

Das Verwaltungsgericht Berlin hatte die sogenannte „Wunderkerzenregelung“ des Polizeipräsidenten in Berlin bei einem beabsichtigten Wechsel aus dem Vorbereitungsdienst für den mittleren Dienst der Berliner Schutzpolizei in ein Studium für den gehobenen Dienst mit Urteil vom 28. September 2017 als rechtswidrig erkannt. Mit dieser Regelung beschränkt der Polizeipräsident den Wechsel auf besonders leistungsstarke Anwärter mit Studienberechtigung, die als sogenannte „Wunderkerze“ nach dem ersten Ausbildungsjahr in den Vorbereitungsdienst des gehobenen Dienstes wechseln können. Die Regelung ist auf 10 % des abgebenden Jahrganges beschränkt und an eine Mindestpunktzahl im ersten Ausbildungsjahr geknüpft. Der Polizeipräsident lässt sich von den Bewerbern des mittleren Dienstes bei Einstellung in den Vorbereitungsdienst jeweils eine Erklärung unterzeichnen, wonach zur Kenntnis genommen werde, dass Beamtinnen und Beamte des mittleren Dienstes der Schutzpolizei, die nach dem 28. Februar 2016 eingestellt worden sind, nicht mehr zu Auswahlverfahren für Neueinstellungen im gehobenen Dienst der Schutz- oder Kriminalpolizei zugelassen werden. Ihnen stehe allein und ausschließlich die „Wunderkerzenregelung“ zur Verfügung, die voraussetzt, dass im ersten Jahr herausragende Leistungen gezeigt würden.

Nun hat aber das OVG Berlin-Brandenburg in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes anders entschieden (Beschluss vom 28. März 2019 – OVG 4 S 11.19 –, juris). Danach stellt es eine zulässige Organisationsgrundentscheidung des Dienstherrn dar, solche Bewerber nicht zum Auswahlverfahren für den gehobenen Polizeivollzugsdienst im Land Berlin zuzulassen, die bereits in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf im mittleren Dienst stehen oder gestanden haben. Zum einen gebe es Organisationsgrundentscheidungen, die dem Schutzbereich des Grundgesetzartikels vorgelagert seien; dem Einzelnen stehe insoweit kein subjektives Recht zu. Dazu gehöre die Ermessensentscheidung, Planstellen für Bewerbungen auszubringen. Zum anderen ist die öffentliche Verwaltung im Rahmen der ihr zustehenden Personal- und Organisationshoheit nicht gehindert, den Kreis der nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu vergleichenden Bewerber um ein öffentliches Amt aufgrund sachlicher Erwägungen einzuengen.

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