Gesundheitliche Eignung

Gesundheitliche Eignung

Der Begriff der gesundheitlichen Eignung spielt bei der Einstellung und Entlassung von Widerrufs- und Probebeamten eine maßgebliche Rolle. Der Dienstherr trifft (mit Hilfe des Amtsarztes oder Polizeiarztes) anlässlich der Anstellung zum Beamten auf Widerruf oder auf Probe,  vor allem aber anlässlich der Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit eine prognostische Entscheidung hinsichtlich der dauerhaften Dienstfähigkeit des Beamten. Er kann auch die Eignung mit der Folge der Entlassung des Beamten auf Probe verneinen, wenn die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Der Maßstab ist dem Grunde nach streng, denn die Prognose bezieht sich auf den gesamten Zeitraum des (angestrebten) Beamtenverhältnisses bis zum Erreichen der Altersgrenze. Bei bereits bestehenden Erkrankungen, die das vorbeschriebene Risiko (dauernder Dienstunfähigkeit oder überdurchschnittlicher Erkrankungszeiten) bergen, kann daher eine Ablehnung der Anstellung oder eine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe erfolgen. Auch das Vorliegen bloßer Risikofaktoren, wie etwa einer Übergewichtigkeit kann zu einer negativen Prognose führen. Die Richtigkeit dieser Entscheidung kann verwaltungsgerichtlich überprüft werden

Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht den Prüfungsmaßstab zu Lasten der Behörde wesentlich verschärft (Urteil v. 25.07.2013, 2 C 12.11) und in einem richtungsweisenden Urteil entschieden, das der bisher angelegte Maßstab bei der Frage der gesundheitlichen Eignung für eine Einstellung in das Beamtenverhältnis so nicht mehr anzuwenden ist. Das Urteil betrifft einen an multipler Sklerose erkrankten schwer behinderten Lehrer.

Bisher galt, dass bei der Frage der (Negativ-)Prognose der Eintritt der Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein musste. Diesbezüglich wurde dem Dienstherrn ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum eingeräumt.

Beides – den Maßstab bei der Negativprognose und die Frage eines Beurteilungsspielraumes – hat das BVerwG nun neu entschieden. Der (neue) Maßstab ist jetzt, dass eine vorzeitige Dienstunfähigkeit prognostisch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht eintreten soll. Und einen Beurteilungsspielraum des Dienstherrn soll es an dieser Stelle auch nicht mehr geben. Vielmehr werden deutlich höhere Anforderungen an die gesundheitliche Prognose gestellt, welche in aller Regel durch einen Mediziner auf der Grundlage einer fundierten medizinischen Tatsachenbasis erfolgen soll, wobei die medizinische Diagnose Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, die Untersuchungsmethoden erläutern und ihre Hypothesen sowie deren Grundlage offenlegen soll.

Interessant ist auch die Aussage, dass die negative Eignungsprognose bislang mit Typisierungen und statistischen Wahrscheinlichkeiten begründet werden konnte, die weder einem Gegenbeweis noch einer nachträglichen Korrektur zugänglich sind, was künftig nicht mehr der Fall sein soll. Das wirft die Frage auf, ob entsprechende Regelwerke –z.B. die für den Polizeivollzug geltende sog. PDV 300 – künftig nicht mehr herangezogen werden dürfen. Dazu hat das VG Berlin mit Urteil v. 22. Januar 2014 entschieden, dass die PDV 300 für die Gerichte nicht mehr bindend sei.