LAG Hamm Urteil vom 17.12.1998 – 4 Sa 630/98

LAG Hamm Urteil vom 17.12.1998 – 4 Sa 630/98

.1. Arbeitgeber und Gericht haben nicht nur die Zeugnissprache, sondern auch die gebräuchliche Gliederung eines qualifizierten Zeugnisses zu beachten, denn diese hat sich inzwischen weitgehend standardisiert. Welche Grundelemente ein qualifiziertes Zeugnis enthalten mus, ist in dem einen oder anderen Punkte noch umstritten. Es müssen nicht in jedem Zeugnis alle Gesichtspunkte ausführlich enthalten sein, sondern sie können auch zusammengefasst werden. Die Art der Beschäftigung und die Beschreibung des Aufgabengebietes gehen meist ineinander über. Gleiches gilt im Regelfall auch für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit und des Sozialverhaltens, nämlich der „Führung” des Arbeitnehmers. Auch kann sich z. B. eine Gesamtbewertung über Führung und Leistung verhalten. Allgemein enthält ein qualifiziertes Schluss- bzw. Zwischenzeugnis, wie die erkennende Kammer wiederholt entschieden hat (LAG Hamm vom 12.07.1994 – 4 Sa 192/94, LAGE § 630 BGB Nr. 27; LAG Hamm vom 12.07.1994 – 4 Sa 564/94, LAGE § 630 BGB Nr. 26; LAG Hamm vom 01.12.1994 – 4 Sa 1631/94, LAGE § 630 BGB Nr. 28; LAG Hamm vom 27.02.1997 – 4 Sa 1691/96, NZA-RR 1998, 151; LAG Hamm vom 28.08.1997 – 4 Sa 1926/96, NZA-RR 1998, 490), folgende Grundelemente (siehe dazu auch Weuster, AiB 1992, 327, 331; H. Schleßmann, Das Arbeitszeugnis, 14. Aufl. 1994, S. 88 f.; Huber, Das Arbeitszeugnis in Recht und Praxis, 6. Aufl. 1998, S. 45; Berscheid, HwB AR, 1980 „Zeugnis” Rz. 36; Berscheid, WPrax Heft 21/1994, S. 3 ff.; Berscheid/Kunz, Praxis des Arbeitsrechts, Loseblattausgabe, Teil 4 Rz. 2368):

Firmenbogen
Firmenbriefkopf Angaben zum Arbeitgeber
Überschrift
(Schluß-)Zeugnis Zwischenzeugnis
Ausbildungszeugnis Praktikantenzeugnis
Eingangsformel
Personalien des Arbeitnehmers Akademische Titel
Dauer des Arbeitsverhältnisses
Vordienst- oder Ausbildungszeiten Unterbrechungen der Beschäftigung
Aufgabenbeschreibung
Unternehmen/Branche Hierarchische Position(Kompetenzen/Verantwortung) Berufsbild/Berufsbezeichnung
Aufgabengebiet Art der Tätigkeit BeruflicheEntwicklung
Leistungsbeurteilung
Arbeitsbefähigung(Können) Arbeitsbereitschaft(Wollen) Arbeitsvermögen(Ausdauer)
Arbeitsweise(Einsatz) Arbeitsergebnis(Erfolg) Arbeitserwartung(Potential)
Herausragende Erfolge oder Ergebnisse(Patente – Verbesserungsvorschläge)
Zusammenfassende Leistungsbeurteilung(Zufriedenheitsaussage – Erwartungshaltung)
Führungsleistung(nur bei Führungskräften)
AbteilungsleistungGruppenleistung MitarbeitermotivationBetriebsklima
Verhaltensbeurteilung
Vertrauenswürdigkeit(Loyalität – Ehrlichkeit) Verantwortungsbereitschaft(Pflichtbewußtsein – Gewissenhaftigkeit)
Sozialverhalten(Zusammenfassende Führungsbeurteilung)
Verhalten zuVorgesetzten Verhalten zuGleichgestellten Verhalten zuUntergebenen Verhatten zuDritten (Kunden)
Beendigungsmodalität(bei Schlußzeugnis)
Zeugnisvergabegrund(bei Zwischenzeugnis)
Schlußformel(bei Schlußzeugnis)
Dankes-Bedauern-Formel(Wiedereinstellungszusage) Zukunftswünsche(Einstellungsempfehlung)
Aussteller
Ort – Datum Unterschrift (ggf. Vertretungsbefugnis)

Nachdem die Frage des richtigen Ausstellungsdatums durch Anerkenntnis der Beklagten erstinstanzlich geklärt ist, ist zweitinstanzlich nur noch die Frage der zutreffenden Bewertung der Führung der Klägerin zwischen den Parteien im Streit.

2.2. Mit „Führung” wird das allgemeine Verhalten, die Fähigkeit, mit anderen zusammenzuarbeiten, die Vertrauenswürdigkeit. Verantwortungsbereitschaft und die Beachtung betrieblicher Ordnung angesprochen. Unter die Führung fällt das dienstliche Verhalten, außerdienstliches nur, soweit es das erstere beeinflußt (z. B. bei einem Kassierer seine Verschwendungssucht). Von gewissen Arbeitnehmern (z. B. Handlungsgehilfen, Kassierern. Laden- und Fahrverkäufern, Auslieferungsfahrern, Filialleitern, Außendienstmitarbeitern [wegen Spesenabrechnungen], Hotelpersonal, Hausgehilfinnen) kann regelmäßig die besondere Erwähnung der Ehrlichkeit gefordert werden, und zwar dann, wenn branchenüblich davon ausgegangen wird, daß beim Fehlen des Wortes Zweifel an der Ehrlichkeit des Arbeitnehmers bestehen (vgl. dazu BGH vom 15.05.1979, AP Nr. 13 zu § 630 BGB = LM Nr. 82 zu § 278 BGB [Dunz] = EzA § 630 BGB Nr. 10) und wenn keine Tatsachen vorliegen, die gegen ein ehrliches Verhalten sprechen (BAG vom 29.07.1971, AP Nr. 6 zu § 630 BGB [Schnorr von Carolsfeld] = EzA § 630 BGB Nr. 1; BAG vom 08.02.1972, AP Nr. 7 zu § 630 BGB = EzA § 630 BGB Nr. 3).

2.2.1. Mit „Führung” ist nicht etwa die sozialethische Führung des Arbeitnehmers zu verstehen, sondern dessen Sozialverhalten, seine Kooperations- und Kompromißbereitschaft, gegebenenfalls sein Führungsverhalten und -stil. Gemeint ist hier ein zusammenfassendes Urteil über die Eigenschaften und das gesamte dienstliche Verhalten des Arbeitnehmers, also um das betriebliche Zusammenwirken, nämlich sein Verhalten zu Vorgesetzten, gleichgeordneten Arbeitskollegen, nachgeordneten Mitarbeitern, aber auch gegenüber Kunden (Berscheid, WPrax Heft 22/1994, S. 9, 10). Es ist wichtig, daß alle Verhaltensrichtungen beurteilt werden, da Auslassungen – bspw. Nichterwähnung einer Gruppe – Rückschlüsse auf Verhaltens-, Anpassungs-, Kontakt- oder Führungsschwierigkeiten zulassen. In der Zeugnissprache spricht man von einem „beredtem Schweigen” (BGH vom 22.09.1970, AP Nr. 16 zu § 826 BGB [E. Wolf] = LM Nr. 7 zu § 826 [Gb] BGB = AR-Blattei ES 1850 Nr. 9 = D-Blatt „Zeugnis: Entsch. 9” = SAE 1972, 35 [Gitter]). Zum Beurteilungsrahmen des Sozialverhaltens gehört auch das Fehlverhalten des zu Beurteilenden. Die Bewertung kann von vielen Faktoren abhängig sein wie z. B. die eigene Einstellung des Beurteilers gegenüber Mitmenschen, seine Erfahrungen, die Erwartungshaltung. Dabei ist zu beachten, daß sich persönliche Animositäten und Feindschaften in einem Zeugnis nicht niederschlagen dürfen. Das vielleicht zur Person des Beurteilers bestehende, gespannte Verhältnis darf sich nicht auf die Gesamtbeurteilung durchschlagen, wenn der Arbeitnehmer im übrigen mit anderen Personen gut ausgekommen ist. Bei der Bewertung der Führung kommen ebenfalls zusammenfassende Beurteilungen vor (Berscheid, HwB AR, 1980 „Zeugnis” Rz. 166):

Sein/Ihr Verhalten zu Vorgesetzten. Arbeitskollegen, (Untergebenen) und Kunden
war stets vorbildlich = sehr gute Führung.
war vorbildlich = gute Führung.
war stets einwandfrei = vollbefriedigende Führung.
war einwandfrei = befriedigende Führung.
war ohne Tadel = ausreichende Führung.
gab zu keiner Klage Anlaß = mangelhafte Führung.
Über… ist uns nichts Nachteiliges bekannt geworden = unzureichende Führung.

Anstelle von ›einwandfrei‹ kann auch ›korrekt‹ stehen, da dieses Wort gleichen Aussagewert hat (ArbG Solingen vom 17.05.1990, ARST 1991, 77). Gleiches gilt – wie bei der Leistungsbeurteilung – für den Zeitfaktor. Hier kann das Wort ›stets‹ auch durch die Worte ›jederzeit‹ oder ›immer‹ ersetzt werden (Berscheid, WPrax Heft 17/1994, S. 2, 6).

2.2.2. Einer solchen zusammenfassenden Führungsbewertung haben sich die Beklagten nicht bedient, sondern die Klägerin mit einer verschleiernden Formulierung bewertet. Nach der Leistungsbewertung ›zur vollen Zufriedenheit‹, was im Klartext der Benotung ›vollbefriedigend‹ entspricht (siehe dazu LAG Hamm vom 13.02.1992 – 4 Sa 1077/91, a.a.O., m.w.N.), heißt es hinsichtlich der Führung der Klägerin:

„Sowohl Vorgesetzte als auch Kollegen schätzten Frau B visit their website. sachliche Art der Zusammenarbeit. Sie war sehr tüchtig und in der Lage, ihre eigene Meinung zu vertreten.”

Unter Bezugnahme auf mehrere eigenhändige Protokoll vermerke der Klägerin und unter Berufung auf das Zeugnis der Mitarbeiterin K. G., versuchen die Beklagten, das Verhalten der Klägerin als „völlig falsch und betriebsschädlich” darzustellen. Sie meinen, die Klägerin müsse sich doch fragen lassen, ob sie zur Ausübung ihres Berufes überhaupt in der Lage war, wenn solche Fälle, wie in der Berufungsschrift dargestellt, aufträten. Zudem müsse die Klägerin sich fragen lassen, wie es komme, „daß es immer zu Schimpfereien und zur Verärgerung von Pflegepersonen kommt, die für die Berufungskläger Kunden sind und für die Aufrechterhaltung des Kranken- und Altenpflegedienstes existenznotwendig sind”. Außerdem führen sie einen „gravierender Fall” an. Danach soll die Klägerin einen Verbandwechsel an einer Pflegeperson namens K. vorgenommen haben. Der Verbandwechsel sei mangelhaft gewesen, weil die Klägerin (was von ihr bestritten wird) die alte Salbenreste nicht entfernt habe, ehe der neue Verband angelegt worden sei. Unterstellt man das Vorbringen der Beklagten als wahr, wären sie berechtigt gewesen, die „Führung” der Klägerin im Dienst, also ihr Sozialverhalten, negativ zu bewerten. Dies ist auch geschehen, denn die Beklagten haben nur das Verhalten der Klägerin zu ihren Vorgesetzten und Arbeitskolleginnen, nicht aber zu den Kunden, nämlich zu den zu betreuenden Pflegepersonen, bewertet. Gerade im Pflegedienst ist die Beurteilung des Verhaltens zu den Pflegepersonen von entscheidender Bedeutung. Die Nichterwähnung dieser Gruppe läßt nach den Grundsätzen des „beredten Schweigens” (BGH vom 22.09.1970, a.a.O.) Rückschlüsse auf Verhaltens- und Kontaktschwierigkeiten der Klägerin mit diesem Personenkreis zu. Das (mögliche) Fehlverhalten der Klägerin ist durch diese Auslassung adäquat gewürdigt.

2.2.3. Zutreffend hat das Arbeitsgericht die Beklagten verurteilt, den „Satz 8” des ursprünglichen Zeugnisses zu streichen und der Klägerin ohne diesen Satz ein neues Zeugnis auszustellen. Der vorangehende 7. Satz beschäftigt sich – wie bereits, dargelegt – mit dem Führungsverhalten der Klägerin. Es wird darüber informiert, daß sowohl Vorgesetzte als auch Kollegen die sachliche Art der Zusammenarbeit der Klägerin schätzten. Damit ist auch das Führungsverhalten, wenn auch keine gebräuchliche Formulierung verwendet wird, als positiv wiedergegeben, wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat. Der nächste Satz, von dem die Klägerin die Entfernung verlangt, bedeutet dem gegenüber einen deutlichen Bruch. Es wird dann noch einmal eine Bewertungen des Leistungsverhaltens („sie war sehr tüchtig”) und eine Vermischung mit dem Führungsverhalten („und in der Lage, ihre eigene Meinung zu vertreten”) vorgenommen. Dieser Satz ist in seinem ersten Teil zunächst geeignet, die durchweg positive Bewertung der Leistung der Klägerin durch die Wiederholung wieder herabzusetzen, worauf bereits das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat. Eine Leistungsbeurteilung mit durch Wiederholungen nicht besser, sondern in ihr Gegenteil verkehrt, wenn die Wiederholung in einem falschen Kontext steht. Im Zusammenhang mit dem zweiten Teil, wird das Führungsverhalten der Klägerin insgesamt herabgesetzt. Ein Zeugnis darf nicht in sich widersprüchlich sein und mit Hilfe von Widersprüchen darf auch keine Herabsetzung der Beurteilung erfolgen. Die Beklagten wollen zwar in ihrer Berufungsbegründung den Anschein erwecken, sie hätten unterschiedliche Bewertungsthemen unterschiedlich beurteilt und wollen damit sagen, sie hätten keinen Widerspruch aufgeworfen. Genau das Gegenteil ist der Fall, denn die Beklagten haben die Führung der Klägerin im ersten Teil des 8. Satzes des Zeugnisses positiv und im Teil negativ beschrieben. Dies ist ein eindeutiger Widerspruch in derselben Sache, worauf die Klägerin in ihrer Berufungserwiderung hinweist. Der erste Teil des Zeugnisses kann auch in Verbindung mit dem letzten Satz keinesfalls, wie es die Beklagte vorträgt, als Starthilfe für die Klägerin gewertet werden. Es ist nämlich nicht möglich, das Zeugnis unter Außerachtlassung des letzten Satzes zu betrachten. Es kann nur in seiner Gesamtheit bewertete werden, wobei der letzte, zweifellos herabsetzende. Satz letztendlich das gesamte Zeugnis prägt. Aus der Verbindung, daß die Klägerin (einerseits) sehr tüchtig und (andererseits) in der Lage war, ihre eigene Meinung zu vertreten, soll verschlüsselt deutlich werden, daß die Klägerin von sich selbst eine hohe Meinung hat und hiervon ausgehend sachliche Kritik nicht zu akzeptieren vermag. Zutreffend weist das Arbeitsgericht daraufhin, daß damit bei einem unbefangenen Leser der Eindruck entstehen müsse, die Klägerin sei querulatorisch. Daß der 8. Satz des Zeugnisses auch genau so gemeint war, hat der Beklagte zu 2) nach den insoweit nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Arbeitsgerichts in der mündlichen Verhandlung I. Instanz ausdrücklich bestätigt. Dies Tatsache bewirkt, daß das Zeugnis für die Klägerin für eine Bewerbung auf dem Arbeitsmarkt praktisch unbrauchbar ist. Diese Beeinträchtigung ist ausschließlich auf die Formulierung des letzten Satzes zurückzuführen, die nicht klar und deutlich ist und letztlich versteckt bzw. verschlüsselt negative Andeutungen enthält, die den unbeteiligten Leser zu Argwohn veranlaßt. Unabhängig davon, wie das Führungsverhalten der Klägerin tatsächlich zu bewerten ist, ist der Satz zu entfernen, da er geeignet ist, die Klägerin in ihrem beruflichen Fortkommen zu behindern. Denn gerade die Tatsache, daß die Beklagten das Führungsverhalten der Klägerin nur verschlüsselt kennzeichnen wollen, diskreditiert ihr Zeugnis, wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat.

2.2.4. Ergänzend sei darauf hingewiesen, daß es „verschlüsselte” oder „doppelbödige” Zeugnisformulierung oder einen „Geheimcode” gibt, dem die von den Beklagten gewählte Formulierung zuzurechnen ist. Es ist das Verdienst der Sprachwissenschaft, eine Reihe „beschönigender” Zeugnisformulierungen nebst Übersetzung veröffentlicht und ausgewertet zu haben. Wie schwer die jeweiligen Formulierungen in Klartext übersetzbar sind, hängt von der Art der Verschlüsselung und von den Vorkenntnissen des Beurteilten oder Deutenden ab. Je geringer das Vorwissen des Beurteilten oder Deutenden ist, desto eher wird er den in ihrer alltagssprachlichen Bedeutung harmlos oder positiv klingenden Formulierungen aufsitzen. Vielfach bedeutet Lob in Wahrheit Kritik, wie einige vergleichbare Beispiele zeigen mögen (siehe dazu Berscheid, WPrax Heft 17/1994, S. 2, 4, m.w.N.; Berscheid/Kunz, Praxis des Arbeitsrechts, Teil 4 Rz. 2497; ferner Heine, Das Arbeitszeugnis, 3. Aufl. 1993, S. 105ff.; Nasemann, Capital 1993, 193, 200; Weuster, BB 1992, 58, 61):

Formulierung Bedeutung
Er verfügt über Fachwissen und hat ein gesundes Selbstvertrauen.Er war sehr tüchtig und wußte sich gut zu verkaufen.

Sie ist einen anspruchsvolle und kritische Mitarbeiterin.

Wir lernten sie als umgängliche Kollegin kennen.

Im Kollegenkreis galt er als toleranter Mitarbeiter.

Er klopft große Sprüche, um mangelndes Fachwissen zu überspielen.Er war ein unangenehmer Zeitgenosse und Wichtigtuer, dem es an Kooperationsbereitschaft fehlte.

Sie war eigensüchtig, pocht anderen gegenüber auf ihre Rechte und nörgelt gerne.

Viele Mitarbeitern sahen sie lieber von hinten als von vom.

Für Vorgesetzte war er ein schwerer Brocken.

Auf der gleichen Ebene liegt die von den Beklagten gewählten Formulierung: „Sie war sehr tüchtig und in der Lage, ihre eigene Meinung zu vertreten.” Im Klartext heißt das, wie das Arbeitsgericht ausgeführt hat: „Sie hat eine hohe Meinung von sich und vermag hiervon ausgehend sachliche Kritik nicht zu akzeptieren”. Solche „doppelbödigen” Zeugnisformulierungen sind ersatzlos zu streichen, denn das Zeugnis darf nicht mit Merkmalen (Geheimzeichen) oder mit geheimen bzw. verschlüsselten Kennzeichen oder Formulierungen versehen werden, welche den Zweck haben, den Arbeitnehmer in einer aus dem Wortlaut des Zeugnisses nicht ersichtlichen Weise zu charakterisieren. Hierbei handelt es sich um einen in § 113 Abs. 3 GewO zum Ausdruck kommenden allgemeinen Grundsatz des Zeugnisrechts. Soweit die Beklagten, auch in der mündlichen Verhandlung, darauf hingewiesen haben, daß die Klägerin im Leistungsverhalten als viel zu gut eingestuft worden sei und die Bewertung verändert werden müsse, wenn der beanstandete 8. Satz gestrichen werde, so müssen sich die Beklagten hier zu einem entgegenhalten lassen, daß sie sich selbst durch die „doppelbödige” Führungsbewertung in die Situation gebracht, ein Zeugnis erteilen zu müssen, das möglicherweise ihrer eigenen Wahrnehmung nicht entspricht, und zum anderen ist darauf hinzuweisen, daß sie es jederzeit in der Hand gehabt hätten, der Klägerin ein geändertes Zeugnis zwar ohne den beanstandeten 8. Satz, aber mit anderer Leistungs- und Führungsbewertung hätten erteilen können, die allerdings wiederum gerichtlich nachprüfbar gewesen wäre.

3. Nach alledem war die Berufung gegen das arbeitsgerichtliche Urteil in vollem Umfang zurückzuweisen.

3.1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

3.2. Der Wert des Streitgegenstandes war nach §§ 25 Abs. 1 GKG, 9 BRAGO i. V. m. §§ 3 ff. ZPO auf einen Monatsverdienst des Klägers festzusetzen. Der Streitwertbeschluß hat mit der Urteilsformel verbunden werden können.

3.3. Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 1 ArbGG ist bei der vorliegenden Einzelfallgestaltung nicht ersichtlich.