Beamtenbesoldung Berlin

 

Vorab das Wichtigste:

1. Das Bundesverfassungsgericht hat eine (überwiegend) verfassungswidrige Bemessung der A-Besoldung im Land Berlin in den Jahren 2008 bis 2020 festgestellt.

2. Die Beschlüsse des BVerfG müssen durch den Berliner Gesetzgeber erst noch durch ein „Reparaturgesetz“ umgesetzt werden. Für dieses Gesetz hat das BVerfG dem Land Berlin eine Frist bis zum 31.03.2027 gesetzt.

3. Erst wenn dieses Gesetz erlassen ist, werden die jeweils zuständigen Besoldungsstellen Nachberechnungen und Nachzahlungen vornehmen, wodurch sich dann die laufenden Verfahren erledigen werden. Demnach müssen die betroffenen Beamtinnen und Beamten en weiterhin Geduld haben.

4. Wichtig sind auch die Aussagen des BVerfG zum anspruchsberechtigten Personenkreis: Berechtigt sind demnach nur diejenigen Beamten, die ihre Ansprüche zeitnah geltend gemachthaben (dazu siehe unten).

___________________________________________________________________________

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Mit Beschlüssen vom 17. September 2025 – 2 BvL 20/17 u.a.) hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die Besoldung der Berliner Landesbeamten (in der Besoldungsordnung A) im Zeitraum 2008 bis 2020 weit überwiegend verfassungswidrig gewesen ist.

Die Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichtes bietet insoweit bereits eine weitgehende Information, insbesondere auch die veröffentlichten Leitsätze des Bundesverfassungsgerichts. Die Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts hat den nachfolgenden Link:

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2025/bvg25-105.html

Die dortige Einleitung lautet:

„Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts die Besoldungsordnungen A des Landes Berlin im Zeitraum 2008 bis 2020 mit wenigen Ausnahmen für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt.

Der Entscheidung liegen mehrere Vorlagen des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg sowie des Bundesverwaltungsgerichts zu einzelnen Besoldungsgruppen und Zeiträumen zwischen 2008 und 2017 zugrunde. Die Prüfung wurde durch den Senat auf alle Besoldungsordnungen A und auf den gesamten Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2020 erweitert.

 In seinem Beschluss entwickelt der Senat seine bisherige Rechtsprechung fort. Die gerichtliche Kontrolle, ob die Besoldung evident unzureichend und Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz (GG) deshalb verletzt ist, vollzieht sich in drei Schritten: Erforderlich ist – erstens, sofern Anlass dafür besteht – eine Prüfung des Gebots der Mindestbesoldung (Vorabprüfung). Es bedarf – zweitens – einer zweistufigen Prüfung des Gebots, die Besoldung der Beamten fortlaufend an die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards anzupassen (Fortschreibungsprüfung). Schließlich – drittens – ist, sofern die Vorabprüfung oder die Fortschreibungsprüfung einen Verstoß gegen das Alimentationsprinzip ergibt, zu prüfen, ob dieser Verstoß ausnahmsweise verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist.

Im Ergebnis stellt der Senat fest, dass rund 95 % der geprüften Besoldungsgruppen in den Jahren 2008 bis 2020 mit dem Alimentationsprinzip aus Art. 33 Abs. 5 GG unvereinbar und damit verfassungswidrig sind. Der Gesetzgeber des Landes Berlin hat verfassungskonforme Regelungen bis zum 31. März 2027 zu treffen.“

Weiter sind in der Pressemitteilung auch die Wesentlichen Erwägungen des Senats dargestellt.

Veröffentlich ist neben den Leitsätzen auch ein Beschluss v. 17.09.2025, mit dem zuvor die beim BVerfG anhängigen Verfahren verbunden worden waren. Dieser Beschluss enthält eine längere Begründung, die auf der Internetseite des DBB verlinkt ist und dort als PDF heruntergeladen werden kann.

https://www.dbb.berlin/aktuelles/news/besoldung-der-berliner-landesbeamten/

Dargelegt wird in diesem Beschluss auch die weitere Verfahrensweise (S. 63/64):

 Soweit die prüfungsgegenständlichen Normen gegen das Grundgesetz verstoßen, stellt das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit der Norm mit dem Grundgesetz fest (vgl. § 82 Abs. 1 in Verbindung mit § 79 Abs. 1 und § 31 Abs. 2 BVerfGG). Eine Nichtigerklärung würde einen Zustand bewirken, der von der verfassungsmäßigen Ordnung noch weiter entfernt wäre als der bisherige, weil es als Ergebnis der Nichtigerklärung an der für die 158 159 160 Besoldung erforderlichen gesetzlichen Grundlage fehlen würde (vgl. BVerfGE 139, 64 <147 Rn. 194>; 140, 240 <315 f. Rn. 169>; 155, 1 <75 Rn. 181>).

 Der Gesetzgeber des Landes Berlin hat eine verfassungskonforme Regelung innerhalb der aus dem Tenor ersichtlichen Frist zu treffen. Angesichts der Besonderheiten des Beamtenverhältnisses ist eine rückwirkende Behebung nur hinsichtlich der Kläger der Ausgangsverfahren und hinsichtlich derjenigen Beamten erforderlich, über deren Anspruch noch nicht abschließend entschieden worden ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein förmliches Widerspruchs- oder Klageverfahren schwebt; entscheidend ist, dass sich die Beamten zeitnah gegen die Höhe ihrer Besoldung mit den statthaften Rechtsbehelfen gewehrt haben. Dadurch kann dem Haushaltsgesetzgeber nicht unklar geblieben sein, in wie vielen Fällen es möglicherweise zu Nachzahlungen kommen wird (vgl. BVerfGE 139, 64 <148 Rn. 195>; 140, 240 <316 Rn. 170>; 155, 1 <76 Rn. 183>).

 Fazit:

Die Beschlüsse des BVerfG müssen durch den Berliner Gesetzgeber erst noch durch ein „Reparaturgesetz“ umgesetzt werden, wie auch bei der Besoldung der Berliner Richter und Staatsanwälte, über die das BVerfG bereits früher entschieden hatte. Für dieses Gesetz hat das BVerfG dem Land Berlin eine Frist bis zum 31.03.2027 gesetzt.

Erst wenn dieses Gesetz erlassen ist, werden die jeweils zuständigen Besoldungsstellen Nachberechnungen und Nachzahlungen vornehmen, wodurch sich dann die laufenden Verfahren erledigen werden. Demnach müssen die betroffenen Beamten weiterhin Geduld haben.

Wichtig sind auch noch die Aussagen des BVerfG zum anspruchsberechtigten Personenkreis:

„Der Gesetzgeber des Landes Berlin hat eine verfassungskonforme Regelung innerhalb der aus dem Tenor ersichtlichen Frist zu treffen. Angesichts der Besonderheiten des Beamtenverhältnisses ist eine rückwirkende Behebung nur hinsichtlich der Kläger der Ausgangsverfahren und hinsichtlich derjenigen Beamten erforderlich, über deren Anspruch noch nicht abschließend entschieden worden ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein förmliches Widerspruchs- oder Klageverfahren schwebt; entscheidend ist, dass sich die Beamten zeitnah gegen die Höhe ihrer Besoldung mit den statthaften Rechtsbehelfen gewehrt haben. Dadurch kann dem Haushaltsgesetzgeber nicht unklar geblieben sein, in wie vielen Fällen es möglicherweise zu Nachzahlungen kommen wird (vgl. BVerfGE 139, 64 <148 Rn. 195>; 140, 240 <316 Rn. 170>; 155, 1 <76 Rn. 183>).“

Berechtigt sind demnach nur diejenigen Beamten, die ihre Ansprüche zeitnah geltend gemachthaben.

 Zu der Frage der zeitnahem Geltendmachung enthält etwa auch das Berliner Gesetz zur Anpassung der Alimentation kinderreicher Familien für die Jahre 2008 bis 2020 in Artikel 2 eine Regelung wie folgt:

Anwendungsbereich: Die in §3 festgelegten Nachzahlungen werden denjenigen beam­teten Dienstkräften, Richterinnen und Richtern sowie Personen, denen ein Familienzuschlag nach den im Land Berlin geltenden besoldungsrechtlichen Vorschriften gewährt worden ist, gewährt, die sich im jeweils bezeichneten Haushaltsjahr mit einem statthaften Rechtsbehelf gegen die Höhe der gewährten Besoldung zur Wehr gesetzt haben; das geführte Vorverfahren darf hierbei nicht bestands­kräftig und ein Klageverfahren nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sein. Soweit ein statthafter Rechtsbehelf sich erkennbar auch auf Folgejahre bezogen hat, reicht dieser aus, um auch für die Folgejahre anspruchsberechtigt zu sein, sofern ein diesen Anspruch betreffendes Vorverfahren nicht bestandskräftig oder ein Klagever­fahren nicht rechtskräftig abgeschlossen worden ist.

Also:

1) Man kann Ansprüche nicht mehr rückwirkend geltend machen.

2) Ein „Besoldungswiderspruch“ oder eine Geltendmachung einer zu niedrigen Besoldung musste grds. in dem jeweiligen Besoldungsjahr erfolgen. Eine solche Geltendmachung reichte auch für Folgejahre aus, wenn sie sich erkennbar auch auf Folgejahre bezogen hat. Das ist dann eine Frage der Auslegung. Ungünstig sind insoweit Formulierungen, die explizit auf das jeweilige Besoldungsjahr beschränkt sind und auch solche Geltendmachungen, die sich auf andere Aspekte und Themen als den der verfassungswidrig zu niedrigen Besoldung bezogen haben (z.B. Altersdiskriminierung durch das frühere Besoldungsdienstalter und Überleitung etc.), dies wird nicht ausreichen.

3) Es wird vermutlich noch eine ganze Weile dauern, bis nach einem Reparaturgesetz Nachzahlungen berechnet und umgesetzt werden.